Privatsender fordern Rechtsrahmen fürs digitale Zeitalter

In der Debatte um die Revision der EU-Fernsehrichtlinie fordert der VPRT eine Lockerung der Werbevorschriften im Privatfernsehen. Die bestehenden Regeln seien veraltet und behinderten die Entwicklung neuer Dienste wie Internet- oder Handy-TV.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

In der Debatte um die Revision der EU-Fernsehrichtlinie fordert der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) die Europäische Union auf, einen zukunftsfähigen Rechtsrahmen für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre zu schaffen. Für VPRT-Präsident Jürgen Doetz sind die bestehenden Werbevorschriften für das Privatfernsehen "überholte Regelungen", die auf die analoge Technik zugeschnitten gewesen seien und sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der schon heute existierenden Angebote als auch die Entwicklung neuer Dienste behinderten.

So war im Frühjahr in Großbritannien darüber diskutiert worden, angesichts der Zunahme von DSL-Anschlüssen und Internet-TV-Angeboten die TV-Gebührenpflicht durch eine PC-Steuer zu ersetzen. Auch im Mobilfunk entstehen zunehmend Angebote, die die überkommenen Grenzen zwischen Rundfunk und Datendiensten verwischen. So wollen die Landesmedienanstalten in Deutschland so genanntes Handy-Fernsehen ermöglichen -- und offenkundig ihre Regulierungskompetenz auf Angebote ausdehnen, die technisch auf Standards wie DVB-H oder DMB basieren. Auf den Münchner Medientagen im vergangenen Oktober hatten Rundfunksender und Regulierer ihre Absicht bekundet, beim Handy-TV zu kooperieren.

Eine zentrale Forderung des VPRT, dem RTL, Sat 1 und Pro 7 sowie zahlreiche kleinere TV- und Radiosender angehören, für die zur Revision anstehende EU-Fernsehrichtlinie ist die Reduzierung der Werbevorschriften auf Grundregeln, die keine quantitativen Vorgaben enthalten. Im Klartext bedeutet dies, dass die bestehenden Limits für die Anzahl und Länge von Werbeunterbrechungen aufgehoben werden sollten. Zugleich fordern die Privatanbieter, einer "Irreführung des Verbrauchers" -- beispielsweise durch Schleichwerbung -- durch Transparenz und Erkennbarkeit von Werbeeinfügungen vorzubeugen. Das dürfte als Seitenhieb auf Fälle massiver Schleichwerbung in ARD-Sendungen wie der Vorabendserie "Marienhof" gedeutet werden. Diese sind im Bericht einer von der ARD einberufenen Clearingstelle (ZIP-Datei) dokumentiert. Im Gegensatz zur Schleichwerbung soll nach dem Willen des VPRT so genanntes Productplacement "unter bestimmten Voraussetzungen und unter Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit" erlaubt werden.

Die Überarbeitung der EU-Fernsehrichtlinie ist das beherrschende Thema der European Broadcasting Conference, die von heute bis zum 22. September in Liverpool tagt. Im Rahmen dieser Konferenz stellen Vertreter der Medienindustrie, von Regulierungsbehörden und Regierungen aus den EU-Mitgliedsstaaten ihre Positionen für die Revision der EU-Fernsehrichtlinie vor. Ein Themenpapier der Europäischen Kommission für die Liverpooler Konferenz ist als PDF-Datei zugänglich. Die Konferenz soll die Europäische Kommission bei ihrer Ankündigung unterstützen, bis zum Jahresende einen Vorschlag zur Novelle der Fernsehrichtlinie vorzulegen. Eine Entscheidung des Europäischen Parlaments zur Gesetzesnovelle erwartet der VPRT nicht vor Ende 2006. (ssu)