Programme und Positionen zur Europawahl 2019: Die Linke

Seite 2: Privatwirtschaftlicher Datenschutz

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"Neue Technologien führen mit dramatischer Geschwindigkeit zu einer Veränderung unserer Wirtschaft und unserer Handelsbeziehungen", hält die Partei fest. "Die reichsten Konzerne der Welt verdienen ihr Geld nicht mehr mit Öl, sondern mit Daten – und zwar mit unseren." Gefragt sei daher ein "starker europäischer Datenschutz". Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) leiste dies "nur sehr begrenzt", da es darin hauptsächlich um Grundlagen für einen europäischen Binnenmarkt an Messwerten und auch an personenbezogenen Informationen gehe. Verstöße gegen den Datenschutz müssten schärfer bestraft, die Aufsichtsbehörden gestärkt werden.

Die EU soll laut der Linken ein Regelwerk durchsetzen, das "Beschäftigte und Konsumierende in einer digitalisierten Weltwirtschaft in ihren Persönlichkeitsrechten stärkt und vor Manipulation, Ausbeutung und Betrug schützt". Das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung sei auch für Angestellte da. Arbeitgeber dürften nur Daten abspeichern, "die für die Erfüllung des Arbeitsvertrages erforderlich sind". Mitarbeiter oder ihre digitalen Arbeitsmittel nebst E-Mail und Internet-Verkehr sollten nicht per Videoaufnahmen, Detektive oder "Screen-Recorder und Keylogger" überwacht werden.

In einem weiteren Schritt will sich die Partei "für die Schaffung eines internationalen Datenschutzsystems einsetzen". Sie ist dafür, die auf Ebene der Mitgliedsstaaten ins Stocken geratene E-Privacy-Verordnung rasch zu verabschieden, um private elektronische Kommunikation besser zu schützen. Das transatlantische "Privacy Shield" ist ihr ein Dorn im Auge: es erlaube US-Firmen wie Facebook oder Amazon, "persönliche Daten aus Europa in die USA zu übertragen, wo kein nennenswerter Datenschutz besteht".

Es gelte zu verhindern, "dass Bürger mehr und mehr zu Objekten von Datenhandel, datengestützten Analysen ihres Verhaltens und Ausbeutung ihrer persönlichen Daten zu Profit- bzw. Machtzwecken werden". Dagegen fordert die Linke "eine verpflichtende offene stabile Serviceschnittstelle mittels offener Standards", damit Nutzer etwa zwischen Plattformen oder sozialen Netzwerken kommunizierten und bei einem Anbieterwechsel ihre persönlichen Informationen mitnehmen können.

"Wir akzeptieren nicht, dass große Konzerne Milliardengewinne machen und kaum Steuern bezahlen, während die Armut wächst und bei den Sozialausgaben gekürzt wird", hebt die Linke hervor. "Wir wissen: Der Wohlstand in der EU wird von Steuerflüchtlingen bedroht, nicht von den Menschen, die vor den Folgen der profitorientierten Politik auf der Flucht sind."

Die Unternehmen, die die größten Gewinne in der EU machen, "zahlen am wenigsten Steuern", beklagt die Partei und hat dabei vor allem "Apple, Google, Amazon" & Co. im Blick. Verhältnismäßig entrichteten diese weniger Abgaben "als normale Beschäftigte oder der Bäckerladen nebenan", nämlich "im Schnitt gerade mal neun Prozent Steuern auf ihre Profite". Bei gängigen Unternehmen liege die Vergleichsgröße bei 23 Prozent. Die EU-Staaten verlören dadurch Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

Abschreibungsregeln für immaterielle Vermögenswerte und Steuergutschriften für Forschungsausgaben müssen der Linken zufolge daher europaweit soweit angeglichen werden, dass Digitalunternehmen Steuern in selber Höhe zahlen wie die anderen Unternehmen. Profite sollen in den Ländern besteuert werden, in denen die Nutzer der Digitaldienste sie einsetzen nach dem Ansatz der "virtuellen Betriebsstätte". Die Bundesregierung dürfe sich auf EU-Ebene zudem einer Digitalsteuer als Zwischenschritt nicht weiter entgegenstellen.

Den Kampf gegen Steuerflucht will die Linke verschärfen "durch automatische Meldepflichten für Banken, die Möglichkeit, verdächtige Guthaben einzufrieren, Entzug von Banklizenzen für nichtkooperative Banken, verbesserte Strafverfolgung gegen Steuerhinterziehung und durch Kapitalverkehrskontrollen". Um Steuertricks von Konzernen – wie die interne Verschiebung von Gewinnen und Verlusten – zu unterbinden, müssten die Steuern gegebenenfalls direkt "an der Quelle" erhoben werden.

Finanzbehörden bräuchten mehr Personal und der europäische Informationsaustausch muss verbessert werden, schreibt die Partei. Für mehr Transparenz drängt sie auf eine "öffentliche länderspezifische Berichterstattung von Konzernen über wichtige Kennziffern wie Gewinn, bezahlte Steuern, Umsätze und Beschäftigte auf EU-Ebene sowie eine lückenlose Veröffentlichungspflicht in öffentlichen Registern für alle tatsächlichen Eigentümer von Briefkastenfirmen, Stiftungen, Trusts und Immobilien außer Eigennutzung".