Programme und Positionen zur Europawahl 2019: Die Linke

Seite 3: Verkehr, E-Mobilität und Energiewende

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"Wir streiten für zukunftsfähige Verkehrsmodelle, bei der der Auto-Verkehr nicht mehr die Städte verstopft und alle bequem dort ankommen, wo sie hinwollen", gelobt die Linke. Es gehe um "mehr Mobilität mit weniger Verkehr und mehr Lebensqualität". Sie will daher "autofreie Innenstädte" fördern und "in Bus und Bahn" investieren.

"Im ticketlosen und flächendeckend gut ausgebauten barrierefreien ÖPNV fahren alle mit", proklamiert die Partei. "Unser Ziel ist, europaweit den Öffentlichen Nahverkehr für den Einzelnen kostenfrei zu machen." Dazu sollen zunächst Modellprojekte in Städten mit der größten Luftbelastung durchgeführt werden. Der Linke will "Transporte vermindern und möglichst auf die Schiene bringen, um Schwerlastverkehr zu reduzieren". Die Lkw-Maut soll in der ganzen EU für Lkw ab 3,5 Tonnen verbindlich werden.

Die Eisenbahn soll laut der Agenda "zur Flächenbahn mit schnellen Verbindungen entwickelt werden". Reine Highspeed-Bahnen nützten den wenigsten Fahrgästen. Kommen soll ein europaweiter integraler Taktfahrplan und ein gemeinsames Ticketbuchungssystem, um grenzüberschreitendes Bahnfahren gegenüber dem Fliegen attraktiver zu machen. Ein beträchtlicher Teil des innereuropäischen Flugverkehrs muss nach Ansicht der Partei auf die Schiene verlagert werden.

Beim Klimaschutz drängt laut der Linken die Zeit, eine der zentralen Menschheitsfragen werde weiterhin verschlafen. Ziel sei es, dass im Jahr 2050 der "ökologische Fußabdruck" aller Menschen und Gesellschaften neutral sein solle. Dafür sei eine "sozial-ökologische Wende" Voraussetzung, die den CO2-Verbrauch entsprechend reduziert. Die Beseitigung von Umweltschäden müsse dabei "von den Unternehmen bezahlt werden, die sie verursachen". Das gelte auch für die langfristige Nachsorge.

Kryptowährungen wie Bitcoin, die bei ihrer "Schürfung" große Mengen Strom verbrauchen, will die Partei verbieten. Bis zum Jahr 2040 soll die Energieerzeugung vollständig aus erneuerbaren Quellen und hauptsächlich dezentral organisiert sein. Die EU-Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen seien bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, bis 2050 um 95 Prozent. Zusätzlich verlangt die Partei die Einführung einer "Kohlenstoffsteuer", die alle Industriezweige beziehungsweise Branchen umfasst.

"Die EU-Urheberrechtsreform, die 2014 mit dem Anspruch gestartet ist, ein zeitgemäßes und einheitliches europäisches Urheberrecht zu schaffen", ist für die Partei gescheitert. Die letztlich beschlossene praktische Pflicht zu Upload-Filtern und die "Beschränkung von Verlinkungen durch das Leistungsschutzrecht für Presseverlage bedrohen die Meinungsfreiheit im Internet".

Die Linke will sich hier europaweit und gemeinsam mit Netzaktivisten für ein "offenes, solidarisches und freies Internet und für solidarische Ökonomien" engagieren, die auf einem solchen Netz aufbauen könnten. Sie ruft nach einem "Neustart für ein modernes und gerechtes Urheberrecht, das Nutzungen grenzüberschreitend regelt". Die Position der Kreativen gegenüber den Verwertern ihrer Leistungen müsse deutlich gestärkt werden, ihre gerechte Vergütung und gute Arbeitsbedingungen seien abzusichern. Dazu gehöre auch ein modernes Urhebervertragsrecht, das Kreativen "mehr Transparenzpflichten von und Nachverhandlungsrechte gegenüber den Rechteverwertungsgesellschaften sichert".

Die Partei setzt sich dem Fahrplan zufolge auch für den freien Zugang zu Wissen ein, das durch die öffentliche Hand oder mit öffentlichen Mitteln geschaffen wird: "Wir wollen die Wissensallmende, das freie Wissen für die gemeinsame Nutzung, stärken." Dazu soll der Einsatz freier Lizenzen gefördert und das mit der EU-Datenbankrichtlinie eingeführte Schutzrecht wieder abschafft werden.

Einen schnellen Ausbau eines europaweiten gesetzlich garantierten Whistleblowerschutz sowie Sicherungsvorkehrungen für Journalisten und für deren Quellen hält die Linke "für dringend erforderlich". Die "anhaltende Medienkonzentration und die Angriffe der Rechten auf die Strukturen" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weist sie zurück. Sie will eine "föderierte EU-weite Mediathek" der verschiedenen Öffentlich-Rechtlichen als alternative Plattform zu kommerziellen Angeboten schaffen. Eine solche solle "mit mehrsprachigen Inhalten und möglichst freier Lizensierung die kulturelle Vielfalt Europas mehr Menschen zugänglich machen".

"Hasskriminalität und illegale Online-Inhalte müssen bekämpft werden", sagt die Partei. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland lehnt sie aber genauso ab wie ähnliche Pläne in der EU. Der Rechtsschutz für Betroffene müsse bei Löschaktionen immer gewahrt werden. Privaten Anbietern von Plattformen und sozialen Netzwerken dürfe nicht das Recht übertragen werden, über entsprechende Inhalte zu entscheiden.

Die Linke will ein EU-weit koordiniertes Zukunftsprogramm, "das Investitionen am gesellschaftlichen Bedarf, nicht am Profit ausrichtet". In dieses sollen "mindestens 500 Milliarden Euro im Jahr" fließen. Ziel sei eine Kultur des Teilens und des freien Zugang zu und Umgang mit Wissen und Kultur. Dazu gehörten "eine weitgehende Fair-Use-Regelung, eine Verkürzung der Schutzfristen und Schrankenregelungen für Wissenschaft und Bildung".

Eine "europäische Open-Access-Initiative" soll helfen, Forschungsliteratur kostenfrei zu halten. Der Wissenstransfer in ärmere Regionen innerhalb und außerhalb Europas soll ausgebaut werden, "etwa durch offene Publikationsformen und Datenbestände, aber auch eine sozial verantwortliche Lizenzierungspolitik". Um der Monopolstellung und dem Profitstreben einiger Wissenschaftsverlage entgegenzuwirken, "wollen wir auf europäischer Ebene eine öffentlich geförderte Open-Access-Plattform schaffen, damit öffentliche Publikationen unabhängig von Verlags- und Lizenzstrukturen gelingen können".

Künstliche Intelligenz oder der wachsende Einsatz von algorithmischer Entscheidungsfindung in immer mehr Lebensbereichen ist für die Partei im Wahlprogramm kein Thema. Die Digitalisierung gehe aber auch am Pflegebereich nicht vorbei, ist ihr aufgefallen. Vereinzelt würden dort bereits für bestimmte Aufgaben Pflegeroboter eingesetzt. Menschenwürdige Pflege beinhalte aber einen Anspruch auf Betreuung durch Menschen und menschlichen Kontakt. (mho)