Prozesstermin wegen Onlineblockade der Lufthansa-Website festgesetzt

Vier Jahre nach der Online-Blockade gegen Lufthansa soll jetzt dem Anmelder der Domains libertad.de und sooderso.de der Prozess gemacht werden.

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Von
  • Angela Meyer

Die spektakuläre Online-Blockade gegen Lufthansa wird ein spätes Nachspiel haben: Vier Jahre nach der Aktion wird es gegen den Anmelder der Domains libertad.de und sooderso.de am 14. Juni 2005 einen Prozess wegen öffentlicher Aufforderung zu einer Nötigung geben. Das Amtsgericht Frankfurt hat die nach mehr als dreijährigen Ermittlungen erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft akzeptiert. Damit geht das Gericht zumindest von einer prinzipiellen Strafbarkeit des Aufrufs aus, während die Aktivisten auch weiterhin auf einem von der Justiz bestrittenen Online-Demonstrationsrecht bestehen.

Der Angeklagte Andreas-Thomas Vogel erklärte laut einer Presseerklärung von Libertad!: "Ich stehe stellvertretend für alle Aktivisten der Online-Demo vor Gericht. Dabei hat der Prozess auch eine grundsätzliche Bedeutung." Es sei der erste Prozess, in dem von staatlicher Seite versucht werde, massenhafte Proteste im Internet abzuurteilen und damit eine Handhabe gegen zukünftige Online-Aktivitäten zu haben. Die Frage, ob das Recht auf Versammlungsfreiheit und damit insbesondere auf Demonstrationen aller Art auch im virtuellen Raum gilt, ist in den vergangenen Jahren ausgiebig diskutiert worden. Nun wird diese Frage im konkreten Fall auch juristisch beleuchtet werden.

Proteste an sich seien natürlich auch online nicht strafbar, bestätigte die zuständige Richterin auf Nachfrage von heise online. Die Anklage stütze sich vor allem darauf, dass nicht zu individuellen Protesten aufgerufen wurde, sondern zu einer konzertierten Aktion zu einem fest verabredeten Zeitpunkt mit einer klaren Behinderungsabsicht. Die Tatsache, dass auf den genannten Domains eine Software zur Verfügung gestellt wurde, die den massenhaften Aufruf der Lufthansa-Website automatisch erledigte, wird als deutliches Indiz hierfür gewertet. Die 1,2 Millionen Zugriffe seien von 13.000 IP-Adressen ausgegangen, wobei von 137 Adressen jeweils zwischen 1000 und 25.000 Zugriffe registriert worden seien.

Im Prinzip handele es sich hierbei um Gewalt gegen Sachen, sagte die Richterin. Auch wenn ihr speziell für diesen Fall kein Präzedenzfall bekannt sei, so gebe es doch eine Vielzahl an Fällen, bei denen Gewalt nicht zwingend als körperliche Gewalt verstanden wird, die die vorläufige Einschätzung stützen, dass der Aufruf eine Straftat gewesen sein könnte.

Ein abschließendes Urteil wird natürlich erst nach der Verhandlung gefällt, bei dem auch die Dauer der Blockade von einigen Minuten und die Höhe des Schadens eine Rolle spielen werden. Trotz ihrer Beschwichtigungen unmittelbar nach der Aktion, dass deren Erfolg nur minimal gewesen sei, wird die Lufthansa im Verfahren wohl auch einen wirtschaftlichen Schaden in die Waagschale werfen wollen. "Wie hoch der Schaden wirklich ist, müssen wir noch sehen", erklärte die Richterin gegenüber heise online. Unabhängig von einer zivilrechtlichen Klage werde es hierzu wohl auch im Strafverfahren eine Beweisaufnahme geben.

Neben der grundsätzlich interessanten Frage, welche Protestformen im Internet erlaubt sind, wird die Entscheidung des Gerichts für den Angeklagten auch persönlich sehr bedeutsam sein: Die Anstiftung zu einer Straftat kann prinzipiell wie die Tat selbst bestraft werden. Bei Nötigung bedeutet dies eine Geldstrafe oder Haft bis zu maximal drei Jahren. Das eigentliche Ziel behält Libertad! trotzdem fest im Blick: Am Prozesstag ist vor dem Amtsgericht eine ganz reale Demonstration für einen freien Online-Protest geplant. (anm)