RIAA und IFPI wollen "Web 2.0" nicht subventionieren

Mitch Bainwol, Chef des Musikindustrie-Verbands RIAA, sieht weniger mögliche Frustrationen der Nutzer über mangelnde Interoperabilität als kostenlose, illegale Angebote als Hauptproblem der Musikindustrie.

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Von
  • Monika Ermert

Web-2.0-Unternehmen müssen nach Auffassung der US-Unterhaltungsindustrie Urheberrechtskosten von Anfang an bezahlen. "Wir können diese Unternehmen schließlich nicht subventionieren", sagte der CEO des Verbands Recording Industry Association of America (RIAA), Mitch Bainwol, auf der Musikmesse Midem in Cannes gegenüber heise online. Nach wie vor sei der Wettbewerb gegen kostenlose, illegale Angebote das Hauptproblem der Musikindustrie, stellt Bainwol klar, und nicht die möglicherweise bei manchen Kunden vorhandene Frustration über fehlende Interoperabilität im digitalen Musikmarkt oder gar ein Mangel an Qualität. Auf die Gefahr einer Strangulierung neuer Märkte durch die Urheberrechtsabgaben angesprochen, sagte Bainwol: "Wir werden kaum sagen, mach einfach mal, und dann verhandeln wir hinterher."

Stärker zur Verantwortung ziehen wollen RIAA und der Phonoverband International Federation for the Phonographic Industry (IFPI) künftig die Internet Service Provider. Diese Forderung haben sie auch auf den Veranstaltungen des Internationalen Verbands der Anwälte im Unterhaltungsbereich (International Association of Entertainment Lawyers) erhoben. Die Zeiten, in denen ISPs ihre Breitbandangebote mit "unserer Musik" beworben haben, seien ja glücklicherweise vorbei, freut sich Bainwol. Trotzdem müssen die Provider "eine Rolle im Kampf gegen die Piraterie spielen", forderte der IFPI-CEO John Kennedy bei einem Pressegespräch. Oder sie könnten sich gleich selbst um Lizenzen bemühen, die die IFPI ihnen auch anbieten würde.

Solche Lizenzvergaben seien klar zu unterscheiden von der bei früheren Gelegenheiten diskutierten globalen Lizenz. "Eine solche Globallizenz wäre uns einfach aufgezwungen worden, niemand hätte gewußt, wieviel wir bekommen und wie das verteilt wird", gibt Kennedy zu bedenken. Man sei hier völlig gegen staatliche Eingriffe, sagte Bainwol. Er lobte die Zulassung der Klage gegen das US-Satellitenradio XM, das zwar eine Lizenz als Sender, aber eben keine als Musikvertrieb habe. Da es das Speichern von Titeln erlaube, braucht es nach Ansicht der Musikindustrie auch eine Lizenz als Distributor. Die RIAA begrüßte in der vergangenen Woche euphorisch einen US-Gesetzesvorschlag, der Satelliten- und Internetradios bei den Lizenzpflichten gleichstellen will.

Beide Verbandschefs erklärten, dass sie die Zukunft des Musikvertriebs in der digitalen Welt sehen. "Die CD-Verkäufe sind im Keller und sie werden 2007 weiter absinken", so Mitch. Inzwischen sei man auch überzeugt, dass der digitale Markt funktionieren werde. Wann man im "Heiligen Gral" angelangt sei und digital ebenso viel verdiene wie durch Verkäufe von physischen Tonträgern, müsse man noch abwarten, so die Verbandschefs.

Zu dem bei der Midem ebenfalls diskutierten Digital Rights Management äußerten sich die Verbandschefs zurückhaltend. Die Major Labels würden sich aktuell mit den positiven und negativen Effekten eines möglichen Vertriebs von MP3-Musikdateien herumschlagen, sagte Kennedy. Von einer Revolte der Nutzer gegen DRM könne aber keine Rede sein.

Siehe dazu auf Telepolis:

(Monika Ermert) / (anw)