Rambus "habgierig und niederträchtig"

Habgier, Doppelzüngigkeit und Niederträchtigkeit wirft das einflussreiche US-Wirtschaftsmagazin Fortune der Speicherentwicklungsfirma Rambus vor.

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Habgier, Doppelzüngigkeit und Niederträchtigkeit wirft das einflussreiche US-Wirtschaftsmagazin Fortune der Speicherentwicklungsfirma Rambus vor. In einem mehrseitigen, vorab veröffentlichten Artikel mit dem Titel "A Hot Stock's Dirty Secret" (Das schmutzige Geheimnis eines heißen Börsenwerts) stützt Autor Nicholas Varchaver sich auf das Urteil und Zeugenaussagen im Prozess gegen Infineon, den die kalifornische Firma vor einem Gericht in Richmond/Virgina verloren hat.

Varchaver beschuldigt Rambus, seine Mitgliedschaft in dem JEDEC-Ausschuss für Speicherstandards zwischen 1992 und 1996 hauptsächlich dazu genutzt zu haben, um die dort diskutierten Techniken in eigene Patente einzubauen. Damit sei Rambus einer schon im Juni 1992 von Geschäftsführer Geoffrey Tate ausgetüftelten Idee gefolgt, möglichst heimlich Patente auf später standardisierte Verfahren zu beantragen, um dann dafür Lizenzgebühren zu beanspruchen. Laufende Patentanmeldungen und sogar existierende Patente habe Rambus dem JEDEC-Ausschuss selbst auf Nachfrage verschwiegen. Varchaver zitiert Zeugenaussagen von Tate und dem Rambus-Mitarbeiter Robert Crisp, die diese Vorwürfe bestätigen.

Mit dieser Strategie sei Rambus zu Recht gescheitert, schreibt Varchaver. Die Firma habe eigentlich seit Anfang der 90er Jahre eine technisch fortschrittliche und überlegene Speichertechnik entwickelt. Nachdem Intel RDRAM bereits 1996 als Speicherstandard für zukünftige Chipsätze erkoren habe, sei eine solide wirtschaftliche Basis gesichert gewesen. Fehlende Leistungsvorteile, den hohen Preis für Speichermodule und die anfänglichen technischen Schwierigkeiten mit Intel-Chipsätzen habe sich Rambus selbst zuzuschreiben. Mit diesen Problemen und den Lizenzforderungen für SDRAM und DDR-SDRAM habe das Unternehmen nicht nur den wichtigen Geschäftspartner Intel verprellt, sondern auch die gesamte Speicherindustrie gegen sich aufgebracht und das Vertrauen der Anleger erschüttert.

Für die elf weltweit laufenden gerichtlichen Auseinandersetzungen habe das Unternehmen im vergangenen Quartal 23 Prozent seiner gesamten Einnahmen ausgegeben. Das würden die Aktionäre sicherlich nicht auf Dauer tolerieren, meint Varchaver. Nach seinen Angaben hat Rambus-Manager Avo Kanadjian auf diesbezügliche Nachfragen lediglich entgegnet, das Unternehmen sei "zum Schutze seines geistigen Eigentums verpflichtet". Mark Edelstone, ein Analyst der Investmentfirma Morgan Stanley, die 1997 am Börsengang (IPO) von Rambus beteiligt war, sei seiner Bitte um Stellungnahme überhaupt nicht nachgekommen. Edelstone hatte im März 2000 dem Wall Street Journal verkündet, Rambus habe das "langfristige Potenzial, die mächtigste Firma zur Vermarktung geistigen Eigentums auf dem Planeten" zu werden.

Der Kurs der Rambus-Aktie hatte Mitte 2000 über 127 US-Dollar erreicht; damit besaß das Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2000 etwa 72 Millionen US-Dollar umsetzte, einen Kurswert von rund 13 Milliarden US-Dollar. Mittlerweile dümpelt der Kurs bei unter 11 US-Dollar. Der Fortune-Autor sieht schwarz für die Zukunft von Rambus: Wenn das Urteil des Gerichtes in Richmond bestehen bleibe, werde es eine Signalwirkung für andere laufende Verfahren haben, etwa in Deutschland und Italien. Eine erfolgreiche Revision des Richmonder Urteils hält Varchaver für schwierig und in jedem Falle langwierig.

Außerdem habe die Federal Trade Commission (FTC) nach Auskunft von Insidern mittlerweile begonnen, das Verhalten von Rambus im JEDEC unter die Lupe zu nehmen. Das sei "kein zahnloser Tiger", schreibt Varchaver unter Hinweis auf Präzedenzfälle: Die FTC hatte 1996 der Firma Dell Patente aberkannt, die das Unternehmen einem Standardisierungsgremium verschwiegen hatte. Sun hatte sich unter den Druck einer solchen Untersuchung mit einem Konkurrenten einigen müssen. (ciw)