RealNetworks sagt Microsoft den Kampf an

Der Streaming-Pionier stellt seine neueste Codec-Generation vor: Mit HDTV-Unterstützung, DVD-Qualität und Surround-Sound will Real die Vorherrschaft auf dem Streaming-Markt verteidigen.

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Von
  • Volker Zota

Der Kampf um die Vorherrschaft im Streaming-Bereich geht in eine neue Runde und verlagert sich ins Wohnzimmer: Am heutigen Mittwoch hat Streaming-Pionier RealNetworks seine neuesten Codec-Kreationen RealVideo 9 und RealAudio Surround veröffentlicht. Laut RealNetworks soll RealVideo 9 bei allen Bitraten 30 Prozent effizientere Kompression gegenüber seinem Vorgänger bei gleicher Bildqualität erreichen. Zudem unterstützt der Codec nun HDTV-Auflösungen und Interlacing. Die neuen Kompressionsverfahren sind kompatibel zum RealServer 8 (RealSystem iQ) und lassen sich mit dem RealPlayer 8 und dem RealOne Player abspielen.

Bereits anlässlich der CES Anfang Januar hatte Real mehrere Allianzen mit Herstellern digitaler Signalprozessoren (DSPs) angekündigt, um so den Sprung ins Wohnzimmer zu schaffen. Nun zielen die erweiterten Sound- und Videofähigkeiten eindeutig auf Consumer Electronics. Real erhofft sich durch Video-on-Demand und ähnliche Angebote offensichtlich ertragreichere Geschäftsfelder als bei rein internetbasierten Streaming-Angeboten.

Martin Plaehn, geschäftsführender Vize-Präsident der Abteilung "Media Systems" von RealNetworks, betonte bewusst, RealVideo 9 und RealAudio Surround seien "jetzt verfügbar" und fordert die Rivalen aus Redmonde heraus. Microsoft hatte bereits im Dezember mit großem Medienrummel seine neue Version der WindowsMedia-Architektur "Corona" der Öffentlichkeit präsentiert, die DVD-Qualität und ebenfalls Surround-Sound (WMA Professional) verspricht. Corona wird indes vermutlich erst in die für nächstes Jahr angekündigte Version des .Net-Server integriert werden.

Bei ersten Tests von heise online konnte RealVideo 9 nicht gänzlich überzeugen: Zwar zeigte ein in RealVideo 9 mit 750 kBit/s kodierter "Harry Potter"-Trailer (640 x 480 Bildpunkte) eine ansprechende Qualität. Ein Trailer des Horror-Actionthrillers "Blade 2" bei 1 MBit/s (gleiche Auflösung) offenbarte insbesondere bei schnellen Bewegungen noch Artefakte. Man muss Real jedoch zugute halten, dass es sich bei dem verwendeten Encoder nur um eine Preview des Real System Producers 9.0 handelt, den Interessenten ab sofort als Kommandozeilenversion für Windows und Linux nach Registrierung bekommen können.

Ziel ist laut Real die gleiche Qualität wie MPEG-4 bei der halben Bitrate zu erreichen, um "DVD-Qualität inklusive Surround-Sound bei 800 kBit/s zu ermöglichen". Die hohe Videoqualität fordert allerdings ihren Tribut: Die CPU-Anforderungen für RealVideo 9 sind mit einer Mindestvoraussetzung von 600 MHz sehr hoch. Für die Vollbilddarstellung empfiehlt Real sogar eine CPU mit mindestens 1 GHz Taktfrequenz.

RealAudio Surround soll selbst bei niedrigsten Bitraten von 44 kBit/s in der Lage sein, die phasengedreht (per Matrix-Downmix) in Stereosignalen versteckten Surround-Informationen in den kodierten Daten zu bewahren. Natürlich ist mit dieser Methode lediglich die Ausgabe als Dolby Pro Logic oder Circle-Surround möglich, echter 5.1-Sound bleibt daher digitalen Surround-Systemen wie Dolby Digital 5.1 oder DTS vorbehalten.

RealNetworks gab zudem bekannt, dass es Teile von RealVideo 9 an das Joint Video Team (JVT) zur Begutachtung übermittelt habe. Das JVT arbeitet an einer Erweiterung von MPEG-4, die den von der ITU-T entwickelten Videocodec H.26L (Improved Video Coding for Multimedia Communication) in den ISO/IEC-Standard integrieren soll.

Ob Real oder Microsoft das Rennen machen, beziehungsweise sich im Consumermarkt etablieren können, hängt nicht zuletzt von der Unterstützung seitens der Gerätehersteller ab, die entsprechende DSPs in Settop-Boxen und DVD-Playern integrieren müssen. Noch wichtiger ist jedoch die Akzeptanz seitens der Anwender, bei denen sowohl RealNetworks als auch Microsoft in der Vergangenheit nicht immer im besten Licht dastanden. (vza)