Rechner steuert Insulinpumpe

Europäische und amerikanische Forscher arbeiten an einer automatisierten Lösung für Diabetiker, die den Blutzuckerspiegel stets auf dem optimalen Niveau halten soll.

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Typ 1-Diabetes entwickelt sich, wenn die Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse nicht mehr genügend Insulin produzieren. Der Körper kann den Blutzuckerspiegel dann nicht mehr selbst regulieren. Wird diese Erkrankung nicht bekämpft, können Glucose-Fluktuationen auf längere Sicht zu Nervenschäden, Erblindung, Schlaganfällen oder Herzinfarkten führen. Doch selbst bei Diabetikern, die ständig auf sich achten und bei Bedarf Insulin spritzen, kann es häufiger zu großen Schwankungen kommen. "Uns liegen Daten vor, die nahe legen, dass ein Computer Diabetes wesentlich besser bewältigen würde als der Mensch allein", sagt Aaron Kowalski. Der Forschungsdirektor der New Yorker Einrichtung Juvenile Diabetes Research Foundation ist Leiter des so genannten "Artificial Pancreas Project", das deshalb eine künstliche Bauchspeicheldrüse schaffen soll, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe.

Diese würde aus drei grundsätzlichen Komponenten bestehen: Einem Sensor, der ständig den Blutzuckerspiegel misst, einem Minicomputer, der diese Werte ausliest und mit Hilfe eines Vorhersagealgorithmus bestimmt, wie viel Insulin notwendig ist, um ihn stabil zu halten, sowie eine Insulinpumpe, die dann die entsprechende Dosis an den Körper abgibt. Zwei der Komponenten, Insulinpumpe und Blutzuckermonitor für den Dauereinsatz, existieren bereits auf dem kommerziellen Markt. "Mit den heute zur Verfügung stehenden Komponenten könnte man kurzfristig bereits ein ziemlich robustes System schaffen", meint Kowalski, dessen Team einen Forschungszusammenschluss anführt, das die Technologie so schnell wie möglich auf den Markt bringen will.

Roman Hovorka, Diabetes-Experte an der University of Cambridge, gilt als derjenige, der mit dem Ansatz bislang am weitesten gekommen ist. Seine erste Studie mit einem geschlossenen System untersuchte, wie gut es in der Nacht funktionieren kann – in jenen Stunden, in denen der Zuckerspiegel oft stark abfällt und es deshalb häufiger zu Komplikationen kommt. "Ich wollte einen Ansatz, der leicht kommerzialisiert werden kann. Die einfachste Lösung war deshalb, den Behandlungskreislauf über Nacht zu schließen. In dieser Zeit kann der Mensch in Sachen Insulin sowieso nichts tun."

In einer Untersuchung mit zwölf an Typ-1-Diabetes leidenden Kindern brachte die automatisierte Technik den Blutzuckerspiegel in 61 Prozent aller Fälle in den Zielbereich. Das ist eine Verbesserung um 23 Prozent im Vergleich zur normalen Routine ohne maschinelle Unterstützung. "Damit vermeiden wir Extremwerte. Die Ausschläge nach oben und nach unten fallen weg", sagt Hovorka, aus dessen Erfindung in Zusammenarbeit mit der Medizingeräteindustrie bald ein kommerzielles Produkt werden soll.

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(bsc)