Reporter ohne Grenzen berichtet über den "Kreml auf allen Kanälen"
Anlässlich des nun begonnenen Fackellaufs zu den kommenden Winterspielen in Sotschi hat die Menschenrechtsorganisation einen Bericht veröffentlicht, in dem sie den Einfluss des russischen Staats auf das Fernsehen dokumentiert.
Die Menschenrechtorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) übt scharfe Kritik an der russischen Medienlandschaft. "Die systematische Unterdrückung unabhängiger Stimmen in russischen Medien steht in krassem Widerspruch zum Image eines modernen und offenen Landes, als das sich Russland zu den Winterspielen in Sotschi präsentieren will", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. Anlässlich des nun begonnenen Olympischen Fackellaufs in München hat ROG vor diesem Hintergrund den Bericht "Der Kreml auf allen Kanälen" veröffentlicht, in dem dokumentiert werden soll, wie der russische Staat das Fernsehen lenkt.
Wladimir Putin habe seit Beginn seiner Präsidentschaft im Jahr 2000 die landesweiten Fernsehsender wieder weitgehend unter die Kontrolle des Kreml gebracht und kritische Journalisten aus den Redaktionen gedrängt, erläutert ROG. Die drei wichtigsten landesweiten Fernsehsender Perwyj Kanal, Rossija und NTV stützten ihren Einfluss auf ein noch aus sowjetischer Zeit stammendes Übertragungssystem, das fast alle Haushalte erreiche. Kremlkritische Sender würden auf diesem Weg nicht übertragen. Unabhängige Zeitungen oder Onlinemedien spielten bei der politischen Willensbildung im Land nur eine geringe Rolle.
ROG appelliert an die Programmverantwortlichen der deutschen Rundfunkanstalten, in der Berichterstattung über die kommenden Olympischen Winterspiele in Sotschi Problemen wie Umweltzerstörung, Zwangsumsiedlungen und der Ausbeutung von Gastarbeitern einen angemessenen Platz einzuräumen. Rundfunkanstalten, die Material staatsnaher russischer Sender übernehmen, sollten dies nach Meinung von ROG deutlich kennzeichnen und die Herkunft der Bilder durch Quellennachweise transparent machen. An das Internationale Olympische Komitee appelliert ROG, eine freie Berichterstattung sicherzustellen und anzumahnen, dass Bürgerrechte eingehalten werden.
Der Bericht "Der Kreml auf allen Kanälen" basiert auf rund 30 Interviews mit Journalisten, Medienexperten und Beobachtern, die ROG-Pressereferentin Ulrike Gruska im Sommer 2013 in Moskau und Berlin geführt hat. Am heutigen Abend ab 18.30 Uhr veranstaltet ROG im Kammermusiksaal der Berliner Philarmonie eine Diskussionsrunde über die Arbeit von Menschenrechtlern und Journalisten in Russland. Das anschließende Konzert "To Russia with Love" mit Gidon Kremer, Daniel Barenboim und Martha Argerich ist ausverkauft. (anw)