Richter lehnt Kauf der Musikbörse Napster durch Bertelsmann ab

US-Konkursrichter Peter Walsh hat den geplanten Kauf der Online-Musiktauschbörse Napster durch den Bertelsmann-Konzern nicht genehmigt.

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Von
  • Wolfgang Stieler

US-Konkursrichter Peter Walsh hat den geplanten Kauf der Online-Musiktauschbörse Napster durch den Bertelsmann-Konzern nicht genehmigt. Laut Wall Street Journal monierte der Richter vor allem die Rolle von Napster-Vorstandschef Konrad Hilbers, der früher Manager bei der Bertelsmann-Musiktochter BMG war. Unter anderem hatte Walsh ein Schreiben Hilbers zitiert, in dem dieser erklärte, dass er seine Entscheidungen stets danach getroffen habe, was das Beste für Bertelsmann sei.

Bertelsmann will nun seine Pläne, die Internet-Musiktauschbörse vollständig zu übernehmen, aufgeben. "Wir akzeptieren die Entscheidung des Gerichts gegen den Verkauf von Napster-Vermögenswerten an Bertelsmann. Der Kauf wird von uns damit nicht weiter verfolgt", sagte ein Bertelsmann-Sprecher. Damit droht der insolventen US-Tauschbörse das endgültige Aus. Die noch verbliebenen 42 Napster-Angestellten erhielten noch am Dienstag Abend ihre Kündigung -- die Napster-Website ziert ein lakonischer Abschiedsspruch: "Napster was here."

Anfang Juni hatte die einstmals populärste Musiktauschbörse, die von der Musikindustrie aus dem Internet geklagt wurde, Gläubigerschutz beantragt. Bertelsmann war bei der Versteigerung der Napster-Vermögenswerte von Napster durch eine vom Gläubigerausschuss beauftragte kalifornische Investmentbank der einzige Bieter gewesen. Der Medienkonzern hatte neun Millionen US-Dollar für die Napster-Vermögenswerte angeboten und wollte auf die Rückzahlung von Krediten in Höhe von 83 Millionen US-Dollar verzichten –- allerdings nur, wenn Napster an Bertelsmann ginge. Zwei wichtige Vertreter der Musikindustrie, die Music Publishers Association und die Recording Industry Association of America (RIAA), hatten sich gegen den Verkauf ausgesprochen und argumentiert, Bertelsmann versuche auf diese Weise die Konkurrenz aus der Versteigerung herauszudrängen.

Das Wall Street Journal berichtet unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise, Bertelsmann hätte Napster selbst bei einer Zustimmung des Gerichts wahrscheinlich keine weiteren Finanzhilfen bereitgestellt. Der Geschäftsbetrieb wäre entweder in einen anderen Unternehmensbereich eingegliedert oder geschlossen worden. Bertelsmann wollte ursprünglich bereits vergangenes Jahr mit der kommerziellen Tauschbörse starten, legte seine Pläne aber wegen der andauernden juristischen Auseinandersetzungen von Napster mit der Musikindustrie über die Lizenzvergabe auf Eis. Mit dem Ausscheiden von Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Middelhoff hat das Unternehmen nun einen Kurswechsel vollzogen. (wst)