Russischer Chiphersteller baut 90-nm-Fertigung auf
Mit Lizenzen von STMicroelectronics will der russische Hersteller Sitronics (Mikron) nahe Moskau eine Fertigungsanlage für Chips mit 90-Nanometer-Strukturen aufbauen.
Der russische Konzern Sitronics, zu dem unter anderem die Chipsparte Mikron gehört, will im Rahmen eines Jointventures mit der Russian Corporation of Nanotechnologies (Rusnano) sowie mit Lizenzen von STMicroelectronics eine 90-Nanometer-Fab bauen. Die von dem ehemaligen Politiker Anatoli Tschubais geführte Investitionsfirma Rusnano beteiligt sich zur Hälte an dem Jointventure und stellt 6,5 Milliarden Rubel (etwa 140 Millionen Euro) zur Verfügung, Sitronics will nicht näher spezifizierte "Ausrüstung" einbringen.
Die Ankündigung des Aufbaus einer 90-nm-Fertigung überrascht, denn bereits Anfang letzten Jahres hatte die Sitronics-Tochter Sitronics Nanotechnologies ein Projekt zur Aufbau einer Fertigungsanlage für Chips mit Strukturbreiten von 65 bis 45 nm vorgestellt. Damals hieß es, das Projekt sei bereits im Dezember 2007 vom Investitionskomitee des russischen Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Handel befürwortet worden. Seit Ende 2007 produziert Sitronics beziehungsweise Mikron 180-nm-Chips unter einer Lizenz von STMicroelectronics; damals war die Einführung der 90-nm-Technik für 2009 bereits angekündigt worden. Die 180-nm-Technik kommt nach Firmenangaben etwa bei SmartCard-ICs zum Einsatz.
Das Mikron-Werk liegt nahe Moskau in der vor 50 Jahren gegründeten Stadt Selenograd und fertigte früher vor allem Bauelemente für die Rüstungs- und Raumfahrttechnik. Nicht weit entfernt ist auch das Werk des Chipherstellers Angstrem. Laut Aktienprospekt (PDF-Datei) hält Sitronics jeweils 11 Prozent an Angstrem und Angstrem-M; andererseits nennt Sitronics die Firma Angstrem als einen ihrer wichtigsten Konkurrenten bei Mikrochips neben Integral aus dem weißrussischen Minsk. Angstrem modernisiert zurzeit seine Anlagen in Selenograd, unter anderem mit den von AMD Dresden 2008 gekauften Systemen, und bietet seinerseits Geräte zum Verkauf an. Angstrem und Sitronics waren auch als potenzielle Investoren in Qimonda gehandelt worden, doch daraus wurde offenbar nichts.
Um einen weiteren potenziellen russischen Halbleiterhersteller ist es wieder still geworden: Die in der Schweiz ansässige Tochterfirma Advanced Electronic Systems (AES) der russischen Holding GIS (Global Information Services) hatte 2007 mit IBM und Infineon über einen Kauf von deren franzöischem Jointventure Altis Semiconductor aufgenommen. Diese Verhandlungen verliefen letztlich ergebnislos – das Werk wurde wegen der unklaren Situation zwischenzeitlich bestreikt. 2007 war spekuliert worden, GIS gehöre zum staatlichen russischen Rüstungsexporteur Rosoboronexport, der das aber umgehend dementierte. (ciw)