Russland: Aufsichtsbehörde lässt Twitter drosseln

Weil Twitter mehreren Tausend Löschaufforderungen nicht nachkommt, soll der Dienst in Russland nun gedrosselt werden. Sogar eine Sperre könnte folgen.

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(Bild: Negro Elkha/Shutterstock.com)

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Die russische Telekommunikationsaufsicht Roskomnadsor hat nach eigenen Angaben damit begonnen, landesweit eine Drosselung von Twitter durchzusetzen. Mit dem Schritt zieht die Behörde Konsequenzen aus dem Vorwurf, das soziale Netzwerk habe auch nach mehrmaligen Aufforderungen Tausende gesetzeswidrige Beiträge nicht gelöscht.

Deswegen habe man nun "Maßnahmen ergriffen, um russische Bürger vor dem Einfluss illegaler Inhalte zu beschützen", teilte Roskomnadsor am heutigen Mittwoch mit. Noch scheint die Drosselung aber zumindest nicht überall auch umgesetzt zu werden, heißt es von Beobachtern.

Erst vergangene Woche hatte die Kommunikationsaufsichtsbehörde kritisiert, dass Twitter seit 2017 genau 2.862 Beiträge mit Inhalten nicht gelöscht habe, die in Russland strafbar sind. Inzwischen sind es der Behörde zufolge schon fast 3200. Angeblich wurden dem US-Konzern insgesamt 28.000 Aufforderungen zur Löschung zugestellt, dem sei Twitter aber nicht in jedem Fall nachgekommen. Roskomnadsor erklärt, in den Beiträgen würden Minderjährige zum Selbstmord verleitet, es gebe Informationen über den Gebrauch von Betäubungsmitteln oder es handle sich um Kinderpornografie. Das jüngste Beispiel sei ein Aufruf zum Massenselbstmord an Jugendliche.

Als Roskomnadsor die Vorwürfe vergangene Woche öffentlich gemacht hatte, hieß es noch, Twitter würden empfindliche Geldbußen drohen, sollte es den Aufforderungen nicht nachkommen. Davon ist nun nicht mehr die Rede. Stattdessen heißt es jetzt, die Maßnahmen könnten ausgeweitet werden, bis hin zu einer möglichen Sperrung des Dienstes. Gegenwärtig betrifft die Drosselung demnach Twitter auf Mobilgeräten zu 100 Prozent und auf anderen Geräten zu 50 Prozent. Beobachter wie etwa der Russlandkorrespondent der ARD haben noch keine Verlangsamung bemerkt. Stattdessen ist die Website des Kreml und von Roskomnadsor aktuell nicht erreichbar.

Twitter hatte auf die Vorwürfe der Behörde bislang nicht reagiert. Die Plattform wird in Russland unter anderem intensiv von dem Dissidenten Alexei Nawalny und seinen Unterstützern benutzt. Moskau war in jüngster Zeit immer mehr auf Konfrontationskurs zu westlichen Internetangeboten wie Twitter, Youtube und Facebook gegangen. Internationale Organisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und Reporter ohne Grenzen beklagen seit langem massive und völlig willkürliche Eingriffe des russischen Staates in das Recht auf Meinungsfreiheit.

(mho)