SCO vs. Linux: Halbe Kraft voraus

Um den möglichen Erfolg in der Auseinandersetzung mit IBM um den angeblich aus Unix System V in Linux übernommenen Code nicht zu gefährden, erhebt SCO nicht mehr den Vorwurf, die GNU General Public License widerspreche der US-Verfassung.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

In dem Bemühen, den möglichen Erfolg in der gerichtlichen Auseinandersetzung mit IBM um den angeblich unrechtmäßig aus Unix System V in Linux übernommenen Code nicht zu gefährden, hat die SCO Group mit ihrer neuesten Eingabe vor Gericht Vorwürfe zurückgenommen, die den Prozess gefährden könnten. So gibt es keine Anspielung darauf mehr, dass die GPL dem Geiste der amerikanischen Verfassung widerspricht. Eine solche Meinung hatte SCO-Chef Darl McBride in einem offenen Brief an Mitglieder des amerikanischen Kongresses vertreten. In dem Brief erklärte McBride unter anderem, dass quelloffene Software die größte Bedrohung des kapitalistischen Systems darstelle.

Der Bezug auf diese Agitation der Kongressabgeordneten und andere weit reichende Äußerungen fehlt in der neuen Eingabe vor Gericht. IBM hatte in seiner Argumentation genau diese Ansichten zitiert, um die Unsinnigkeit der Ansprüche von SCO zu demonstrieren und eine sofortige Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Auf diese Argumentation gehen die Rechtsanwälte von SCO nicht mehr ein. Die neue entschlackte SCO, die nach dem Willen der Investoren die Prozesse um ihr geistiges Eigentum zu ihrem Kerngeschäft macht, möchte sich offensichtlich nicht mehr auf weitschweifige Debatten um Vaterland, Verfassung und Terrorismus einlassen. Solche Debatten bergen die Gefahr eines vorzeitigen Ende des Verfahrens. Gegenüber der eWeek erklärte Bruce Perens von Software in the Public Interest: "Wenn sie vor Gericht bei diesen dummen Behauptungen bleiben, laufen sie in Gefahr, dass das Verfahren sofort eingestellt wird und ihre eigentlichen Vorwürfe überhaupt nicht angehört werden."

Die übertriebenen Darstellungen einer Verfassung und Land bedrohenden GPL sind nicht die einzigen Argumente, in denen die SCO Group ihre Sache überzogen hatte. Auch die Klagen gegen die Linux-Anwender Autozone und DaimlerChrysler gehören zur unendlichen Geschichte der Auseinandersetzung um Linux, die von den Investoren, namentlich von Baystar Capital, nicht akzeptiert wird. So wurde bekannt, dass DaimlerChrysler die dereinst von AT&T bezogene Software seit sieben Jahren nicht mehr einsetzt und längst entsorgt hat. Damit dürfte diese Klage bei nächster Gelegenheit zur Disposition stehen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online und aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)