SCO vs. Linux: Nach dem Code kommen die Lizenzen

SCO behauptet, dass IBM nach dem Ende des gemeinsamen Projekts Monterey unrechtmäßig ein AIX mit SCO-Code vertrieb, für den es keine Lizenz gab.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM um möglicherweise unrechtmäßig aus System V nach Linux transferierten, SCO gehörenden Source-Code nimmt eine überraschende Wendung. Bei der intensiven Suche nach dem Code-Beweis will die SCO Group entdeckt haben, dass ihrer Ansicht nach IBM ab 2001 ein AIX mit SCO-Einsprengseln vertrieb, für das IBM keine ausreichende Lizenz besaß. Diese neue Variante, die auf einen neuen Prozess gegen IBM hinausläuft, stellte SCO-Chef Darl McBride in einem Interview mit der Zeitschrift Forbes vor. Dementsprechend legte der Kurs der SCO-Aktie erstmals wieder signifikant zu.

In dem am Rande des SCO-Forums geführten Interview erläuterte McBride, dass sich nach dem Stopp des gemeinsam durchgeführten Monterey-Projekts die Situation ergeben habe, dass IBM Codeteile von SCO in AIX weiter verwendete, ohne dafür eine korrekte Lizenz zu besitzen. Insbesondere geht es dabei um AIX 5L, das von der damaligen Firma Caldera, dem Vorgänger der heutigen SCO Group, als gemeinsame Weiterentwicklung mit IBM angepriesen wurde. IBM selbst erklärte damals, das Subsystem für die Druckeransteuerung von System V Release 4 in AIX zu verwenden. Nach der nun bekannt gewordenen Darstellung von Darl McBride hatte IBM kein Recht dazu. Gegenüber dem Forbes-Reporter Dan Lyons erklärte McBride, dass man bei den Fischzügen durch die IBM-Dokumente auf interne E-Mails gestoßen sei, in denen IBM-Angestellte selbst das Fehlen der korrekten Lizenz für AIX bemerkten. Die entsprechenden E-Mails wurden von McBride allerdings nicht gezeigt.

Sollte der Streit um ein korrekt lizenziertes AIX vor Gericht kommen, so wird das Gericht die Auseinandersetzung zwischen Novell und der SCO Group abwarten müssen. Novell hatte Ende 2003 weit gehende Besitzansprüche an Unix System V angemeldet und behauptet, der SCO Group nicht die vollen Rechte zur Unix-Distribution eingeräumt zu haben. Kurz zuvor hatte Novell die SCO Group darauf aufmerksam gemacht, dass IBM eine unbegrenzte Lizenz besitzt.

Die neue Auseinandersetzung um AIX hat indes keine Auswirkungen auf die von SCO konstruierte Rechtsunsicherheit von Linux, für die SCO eine Antidot-Lizenz verkauft. Am Rande des SCO-Forums hatte Pressesprecher Blake Stowell bekannt gegeben, dass inzwischen 20 bis 30 Firmen eine solche Lizenz erworben haben, ohne die Namen der Käufer zu nennen. Nach einer Meldung aus Großbritannien konnte SCO UK die ersten beiden Linux-Lizenzen verkaufen und damit Fuß auf dem europäischen Markt fassen. Auch in diesem Fall gibt es keine Angaben zu den Käufern der Lizenz. In Deutschland stehen mehrere Gerichtsverfahren zum Fall SCO an, deren Ablauf jedoch durch die Sommerferien behindert ist. Hier soll unter anderem geklärt werden, ob es zulässig ist, SCO mit einer Firma zu vergleichen, die Kästen verkauft, die gegen Erdstrahlen schützen oder als Orgonakkumulator dienen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)