SWPA 2015: Interview mit Gewinner Armin Appel

Armin Appel ist der Gesamtsieger des offenen Wettbewerbs bei den Sony World Photography Awards 2015. Heise Foto konnte bereits vorab mit ihm sprechen - über die Lust am Fliegen und am Fotografieren.

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Inhaltsverzeichnis

Herr Appel, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Sieg bei den Sony World Photography Awards 2015. Was war für Sie der Reiz sich mit ihren Bildern beim SWPA teilzunehmen?

Armin Appel: Ich hatte zuvor bereits mit meinen Bildern an einem monatlichen Wettbewerb der Sony Community teilgenommen und es unter die besten drei geschafft. Gewonnen habe ich eine Jahresmitgliedschaft bei der World Photography Organisation. Man kann am Anfang noch nicht viel damit anfangen, weil es einfach so groß ist. Ich habe mich dann Stück für Stück durch die Teilnahmebedingungen gearbeitet und erfahren, dass bei dem Sony World Photography auch Architektur gefragt ist. Und da habe ich gedacht: Das kann ich.

Armin Appel mit der Trophäe für den "Open Photographer of the Year" auf der Preisverleihung des SWPA 2015.

(Bild: Zabrina Deng)

Die Aufnahmen für die Sony World Photography Awards haben Sie von ihrem Motorschirm aus gemacht. Sie sind seit 2003 in der deutschen Nationalmannschaft und auch deutscher Meister. Wie kam zum Fliegen die Fotografie dazu?

Armin Appel: Ich habe immer schon herumgeknipst. 2003 bin ich für ein regionales Wochenblatt auch Aufnahmen geflogen. Aber zur ernsthaften Fotografie kam ich durch eine besondere Geschichte: In unserem Museum in Biberach hängt eine Luftaufnahme – ein Alpenpanorama von Albrecht Brugger von 1966 auf 2,5 mal 1,8 Meter in schwarz-weiß. 2011 habe ich den Museumsdirektor um einen Abzug gebeten, weil ich das Bild exakt nachstellen wollte. Er gab es mir als hochaufgelöstes JPEG und sagte mir, ich solle mich mit dem Fotografen Simon Gallus zusammenschließen, der ebenfalls an diesem Projekt arbeitete. Gallus sagte zu mir: "Das machen wir auf Vollformat." Ich wusste nicht, was er damit meinte und dachte: Da muss ich etwas tun. Von den in Biberach ansässigen Fotofreunden habe ich die vergangenen vier Jahre mein ganzes Fotowissen bekommen.

SWPA 2015: Erste Gewinner des Offenen Wettbewerbs (10 Bilder)

Gewinner Offener Wettbewerb

Architektur - Armin Appel, Deutschland
(Bild: Armin Appel, Germany, Shortlist, Architecture, Open, 2015 Sony World Photography Awards)

Kam es dann zur Zusammenarbeit mit Simon Gallus?

Armin Appel: Ja, das hat super geklappt. Das Bild zu machen hat drei Jahre gedauert. Simon Gallus hat das Equipment und Know-how gestellt. Wir haben verschiedene Objektive probiert, bis wir schließlich mit 90 Millimetern die richtige Brennweite gefunden haben. Fotografiert habe ich mit einer Nikon D800. Das war schwierig, ich musste mich erst in die Kamera einarbeiten. Das fertige Foto besteht aus vier Einzelaufnahmen. Das Stitching und die Produktion hat dann ebenfalls Simon Gallus übernommen. Heute hängt das Bild auf 3,5 mal 2,5 Metern in Farbe im Museum in Biberach.

Arbeiten Sie normalerweise auch mit solch professionellem Equipment?

Armin Appel: Leider nicht. 2011 habe ich mir eine Canon 550D gekauft. Anfangs habe ich immer durch den optischen Sucher geschaut. Das war gefährlich, weil ich nicht sehen konnte, wo ich hinfliege. Also habe ich die LiveView-Funktion genutzt, das wurde zu kompliziert, da der Spiegel rauf und wieder runterklappt. Ich habe mir deshalb eine Sony A35 mit teildurchlässigem Spiegel und einem sehr guten LiveView-Modus gekauft. Der Vorteil der Kamera war auch, dass es gebrauchte Konika-Minolta-Objektive dafür gab. Ich habe mir dann aber trotzdem das 70-300er Tamron gekauft – ein legendäres Objektiv fürs Fliegen.

Wie gut kann man die Bilder in der Luft überhaupt komponieren?


Armin Appel: In erster Linie ist das Foto ein Zufallsprodukt. Aber es ist so: Ich fliege mit etwa 35 bis 44 Km/h und habe eine ganz andere Perspektive. Meine Augen sind mittlerweile ebenso geschult wie die jedes anderen Fotografen. Wenn ich etwas sehe und denke "das sieht interessant aus", dann mache ich erst einmal grobe Bilder und nähere mich weiter an. Zur Kontrolle in der Luft habe ich keine Zeit. Ich überprüfe zuhause am Rechner die Fotos und denke darüber nach, was man besser machen müsste. Dann fliege ich das Objekt meist noch einmal an und mache das endgültige Foto. So entstehen die meisten meiner Bilder. Ich komme im Jahr auf etwa 120 Flugstunden. Im Schnitt bin ich über eine Stunde in der Luft. Lange Flüge können drei bis vier Stunden dauern. Wenn ich fliege ist alles schön und ich fühle mich wohl. Wenn ich gelandet bin, dann fühlt sich das an als hätte jemand die Musik ausgemacht.

Welche Probleme stellen sich in solchen Höhen ein?

Armin Appel: Bei der D800 war beispielsweise der Akku ein Problem. Deshalb nehme ich mittlerweile immer einen vollen Ersatzakku mit. Den Akku wechsele ich in der Luft, das Objektiv aber nicht mehr, das ist zu gefährlich. Außerdem pendelt mein Gleitschirm. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf einer Schaukel, pendeln hin und her. Nun versuchen Sie ein Foto exakt mit dem Ausschnitt zu machen, den Sie sich für Ihr Foto wünschen! Das braucht Übung. Ich drücke immer genau im Scheitelpunkt ab. Auch die Bedienung der Kamera mit Handschuhen ist nicht gerade einfach. Beim Fotografieren steuere ich den Schirm mit der linken Hand. Mit der Rechten bediene ich die Kamera. Die richtige Brennweite muss ich vor dem "Überflug" einstellen. Durch den LiveView sehe ich oftmals nur die Konturen. Die bringe ich in meinen Ausschnitt und drücke am Scheitelpunk des Pendlers zwei- bis dreimal ab. Oftmals benötige ich mehrere Anflüge und mache 30-40 Aufnahmen von einem Objekt. Die meisten meiner Flüge enden mit 600-1200 Aufnahmen. Von 1000 Aufnahmen kann ich 6-10 Bilder Wettbewerbs technisch verwenden.

Wie viel Nachbearbeitung steckt in ihren Bildern?

Armin Appel: Mittlerweile steckt nur noch wenig Nachbearbeitung in meinen Fotos. Der Spruch ist wahr: Ein gutes Foto braucht kaum Bearbeitung. Auch die Fotos, die ich zum SWPA eingereicht habe, sind kaum nachbearbeitet. An dem „Schulhof“ habe ich lediglich links das viereckige schwarze Feld dunkler gemacht und die Fassade des Schulgebäudes hat mehr Farbkontrast bekommen. Das war's dann auch schon.

Was halten Sie als Motorschirmpilot von der Drohnenfotografie?


Armin Appel: Das ist schwierig. Die Drohnen haben in der Luftbild-Fotografie einen eigenen Platz gefunden. Ich finde die Drohnenfilmerei klasse. Zur Drohnenfotografie muss ehrlich sagen, dass die Aufnahmen oftmals nicht die höchste Qualität und eher selten einen hohen künstlerischen Anspruch haben. Ich denke, das Problem ist, dass sie nur 100 Meter hoch fliegen dürfen. Für das Bild des Alpenpanoramas bin ich auf 1600 Metern geflogen und Architekturaufnahmen mache ich aus ca. 400 Meter Höhe.

Appel äußert auch noch eine persönliche Bitte an die Drohnenpiloten:

Armin Appel: Auch wenn es Euch möglich wäre, einen Kreis um mich zu fliegen. Haltet euch fern von mir. Mein Leben hängt im wahrsten Sinne der Wortes an einem seidenen Faden – 1,1 mm bis 0,7mm Durchmesser die Stammleinen und 0,3 mm - 0,4mm für die oberen Galerieleinen. Ein schnell drehender Drohnen-Propeller zersäbelt mir locker eine Leine was mich bei einer Stammleine zur Notlandung zwingen würde. Bei zwei Stammleinen finde ich mich im Spiralsturz wieder und würde mit hoher Geschwindigkeit aufschlagen. Das wäre doof, denn ich liebe das Leben.

Zuguter Letzt: Was haben Sie mit ihrem Gewinn vor?

Armin Appel: Momentan bearbeite ich alle Bilder auf meinem fünf Jahre alten Notebook und speichere die Dateien auf eine externe Festplatte. Ich denke, ich kaufe mir erstmal ein vernünftiges PC-System. Außerdem habe ich für die diesjährige Motorschirm-Slalom-WM in Polen einen speziellen Slalomschirm bestellt. Der kostet Geld. (ssi)