Saudischer Blogger Raif Badawi hat Haftstrafe abgesessen, kommt aber nicht frei

Menschenrechtsorganisationen fordern Saudi-Arabien auf, den seit zehn Jahren inhaftierten Blogger sofort freizulassen.

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Foto von Raif Badawi auf einem Protestplakat.

(Bild: Amnesty International)

Lesezeit: 2 Min.

Der saudi-arabische Blogger Raif Badawi hätte eigentlich zu Ende des vorigen Monats aus dem Gefängnis entlassen werden müssen. Das ist aber nicht geschehen, Menschenrechtsorganisationen rufen daher die saudischen Behörden auf, Badawi sofort freizulassen.

Badawi hatte 2008 ein Online-Forum mit dem Namen "Die saudischen Liberalen" begründet, in dem er religiöse und gesellschaftliche Themen diskutierte. 2012 wurde er wegen seiner liberalen Ansichten verhaftet und ein Jahr später wegen "Beleidigung des Islams" zu zehn Jahren Gefängnis, 1000 Peitschenhieben, einer Geldstrafe von einer Million Rial und einem Ausreiseverbot für zehn Jahre nach Beendigung seiner Haftstrafe verurteilt. Im Januar 2015 bekam er öffentlich die ersten 50 Peitschenhiebe, der weitere Vollzug wurde aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt.

"Es ist empörend, dass Raif Badawi nach zehn langen Jahren noch immer im Gefängnis sitzt", sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter one Grenzen (RSF). "Er hätte nie auch nur einen einzigen Tag hinter Gittern verbringen dürfen. Jetzt, da er die volle Strafe abgesessen hat, gibt es für die saudischen Behörden keine rechtliche Grundlage mehr, ihn weiterhin festzuhalten."

Heba Morayef, Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika, meint: "Raif Badawis anhaltende Inhaftierung zeigt die völlige Verachtung der saudi-arabischen Behörden für das Recht auf Freiheit, die Meinungsfreiheit und sogar ihre eigenen Gesetze. Es zeigt auch, dass ihre Versuche, der Welt ein progressives Bild zu präsentieren, kaum mehr als eine Nebelwand dienen, um ihre Unterdrückung zu verbergen."

Im April 2020 hatte Saudi-Arabien angekündigt, als Teil der "Vision 2030" die besonders grausame Form der Bestrafung mit Peitschen- oder Stockhieben abzuschaffen. Zur "Vision 2030" gehören auch Reformen im Bereich der Menschenrechte.

Neben Badawi sitzen derzeit mindestens weitere 28 Journalisten, Reporterinnen und Medienmitarbeitende in Saudi-Arabien im Gefängnis, erklärt RSF. Die Organisation habe vor diesem Hintergrund Anfang März 2021 beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman eingereicht. Kernbestandteil der Strafanzeige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei der Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi, der im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul grausam ermordet worden.

Badawis Frau Ensaf Haidar lebt seit 2013 im kanadischen Québec. Sie bittet die kanadische Regierung, Badawi die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Sie wandte sich auch an den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, das Ausreiseverbot zu erlassen.

(anw)