Schumacher-Rücktritt: "Der Porsche ist aus der Bahn geschleudert"

Die IG Metall freut sich nach dem Rücktritt des Infineon-Chefs und verkündet heute "das Ende der Rennfahrt".

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Von
  • Axel Höpner
  • Kristina Pezzei
  • dpa

Ein Bild hat Infineon-Chef Ulrich Schumacher bis zu seiner Ablösung verfolgt. "Der Porsche ist aus der Bahn geschleudert", freute sich die IG Metall, nachdem der Abtritt des 45-Jährigen bekannt geworden war. Damit spielten die Arbeitnehmer auf Schumachers Begeisterung für den Rennsport an. Als die Infineon Technologies AG im März 2000 an der Börse startete, fuhr Schumacher öffentlichkeitswirksam mit dem Porsche an der Wall Street vor.

In der Krise des Unternehmens, als Infineon Milliardenverluste machte, wurde er die Bilder nicht mehr los. Wenn er könnte, würde er den Auftritt rückgängig machen, sagte er einmal. Als vor einigen Monaten allerdings sein Ferrari mit einem falschen Auspuff erwischt wurde -- ein Angestellter wollte ihn trocken fahren -- war es aber zumindest in der Münchner Lokalpresse wieder Thema.

Im Börsenboom war Schumacher eine Ikone der Hightech-Branche. Infineon kam zum Höhepunkt des "New Economy"-Wahns an die Börse, die Anleger rissen sich um die Zeichnungsrechte. Bereits am ersten Handelstag vervielfachte sich der Wert des Papiers. Schumacher selbst hatte immer wieder darauf hingewiesen, wie riskant das Geschäft in der zyklischen Halbleiter-Branche ist. Dennoch galt Infineon quasi als Volksaktie. Heute ist sie nur noch etwa ein Drittel des ursprünglichen Ausgabekurses wert.

Schumacher ist ein echter Siemens-Mann. Nach dem Studium der Elektrotechnik trat er 1986 in den Konzern ein und machte schnell Karriere: Anfangs übernahm er die Verantwortung für die Prüftechnik bei den Bauelementen, später wechselte er in den Bereich Halbleiter. 1996 wurde er Chef der Halbleiter-Sparte. Zwei Jahre später rückte er auch in den Konzernvorstand auf und galt eine Zeit lang sogar als einer der Kandidaten für die Nachfolge von Konzernchef Heinrich von Pierer.

Auch wegen seines vergleichsweise harten Führungsstils galt er aber in letzter Zeit nicht mehr als Kandidat für den Siemens-Chefsessel. Schumacher verlagerte Verwaltungsaufgaben ins Ausland, baute massiv Stellen ab und wollte ein System zur Identifizierung leistungsschwächerer Mitarbeiter etablieren. Im vergangenen Jahr machte er sich mit Überlegungen, den Konzernsitz ins Ausland zu verlagern, bei den Arbeitnehmervertretern noch unbeliebter. Mit seiner Art, die Medien als Plattform für Kritik am Standort Deutschland zu gebrauchen, sei er eine Art "Dieter Bohlen der Wirtschaft", sagte Betriebsrat Rudi Steinberger unter Applaus auf einer Betriebsversammlung.

Für Schumacher war Infineon im knallharten Wettbewerb der Branche den internationalen Konkurrenten gegenüber immer im Nachteil, zu unflexibel und zu teuer seien die Strukturen in Deutschland. Nicht nur mit seinen Management-Methoden, auch mit der Honorierung lehnte sich Schumacher an internationale Vorbilder an. Auf der Hauptversammlung im Januar warfen ihm die Aktionäre eine Selbstbedienungsmentalität wegen des üppigen Aktienoptionsprogramm vor. Zwei Monate später verkündete die IG Metall das "Ende der Rennfahrt". (Axel Höpner, Kristina Pezzei, dpa) / (anw)