Schweizer Fernsehen: Umstellung auf UHD kommt etappenweise – und nicht vor 2024

Seite 2: Bei den Kunden steht alte Hardware

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Satelliten-Kopfstation eines Kabelnetzbeitreibers in Berlin.

(Bild: heise online)

Auch wenn sich also in Hinsicht auf die erfreuliche Steigerung der Bildqualität durch die Einführung der neuen Videotechniken einiges tun wird – die Umstellung auf UHD kann gleichwohl nur etappenweise angegangen werden. Nicht zuletzt stehen bei Tausenden von Zuschauern noch Empfangs- oder Endgeräte, die keine H.265-Decodierung bzw- UHD-Darstellung beherrschen.

 Doch Bange machen gilt nicht: Was nämlich die SRF-Programme betrifft, werden diese noch längere Zeit als MPTS in H.264 encodiert von den Weiterverbreitern ausgespielt – simultan mit den neuen SPTS-Signalströmen in H.265-Encodierung.

Nicht nur bei Swisscom heisst es daher: "Alle TV-Inhalte der SRG sind für unsere Zuschauer erhältlich, ob in H.264 für ältere Set-Top-Boxen oder künftig in H.265 für die moderneren TV-Boxen", betont Schmidt.

Bei UPC, dem grössten Kabel-TV-Anbieter der Schweiz, läuft es ähnlich mit der Verteilung der unterschiedlich encodierten und aufgelösten Signalströme. Auch bei UPC wird es eine Parallelausspielung der SRF-Programminhalte in H.264 und H.265 geben, sagt Sprecherin Sabine Östlund. Das werde teilweise schon heute praktiziert, wegen einiger weniger UHD-(Test-)Sendern auf der UPC-Plattform.

"H.264 ist inzwischen technisch überholt", sagt Niklaus Kühne von der SRG. Mit den neuen "HQ-Streams" werde ein Mehrwert für die Zuschauerinnen und Zuschauer geschaffen. "Aber wenn diese erst neue Empfangsgeräte kaufen müssen und die Geräteindustrie gar nicht bereit ist dafür, dann ist es natürlich nicht das, was wir wollen", betont der SRG-Sprecher. 

Obwohl gemäss GfK-Marktanalysen über 80 Prozent der verkauften TV-Geräte mit dem neuem H.265-Codec ausgestattet seien, sehe das bei Set-Top-Boxen anders aus – und hier vor allem bei denen für Satellitenempfang. "Wir waren recht überrascht, dass so viele SAT-Receiver, anscheinend weit über 90 Prozent, mit dem altem Codec (H.264) ausgestattet sind. Detaillierte und erhärtete Zahlen liegen uns aber nicht vor", sagt Kühne. Dem Handel empfiehlt die SRG jedenfalls eindringlich, nur noch Empfangsgeräte zu verkaufen, die sich für H.265 eignen.


Auch bei den Kunden der Weiterverbreiter stehen immer noch viele ältere Set-Top-Boxen. Konkrete Zahlen der STB, die ausschliesslich mit H.264-Codec funktionieren, geben die grossen "Triple Player" nur eher vage bekannt. Anhaltspunkte für Einschätzungen aber sind vorhanden: Die aktuellsten Unternehmenszahlen geben etwa für UPC Schweiz 997.000 TV-Abonnenten an. Laut UPC sind über 315.000 H.265-fähige TV-Boxen in den Haushalten, das heißt eine noch beträchtliche Zahl an inkompatiblen Geräten steht bei den Kunden. Nicht eingeschlossen in der Rechnung sind außerdem "die TV-Geräte die man braucht, um dann noch die UHD-Qualität darstellen zu können, die aber erst wenige Kunden besitzen", glaubt Östlund.

Auch bei 1.555.000 Kunden mit Swisscom-TV-Anschlüssen (Stand: 1.Q.2020) sind noch viele ältere Set-Top-Boxen zu finden. Bereits seit April 2016 bietet Swisscom zwar UHD-fähige Empfangsgeräte an, die auch schon bei einem Grossteil der Kunden stehen, so das Unternehmen. "Grundsätzlich können alle seit 2016 lancierten Boxenmodelle von Swisscom H.265 und UHD-Inhalte wiedergeben", sagt Ingmar Schmidt und unterstreicht erneut: "Unsere Kunden mit einer älteren Set-Top-Box (IP1200) müssen keine Box austauschen, wir verbreiten nach wie vor Programme in H.264".

Eine vergleichbare Situation besteht übrigens auch bei den beiden anderen größeren "Triple Playern" der Schweiz. Bei Sunrise (die nun offenbar unter dem Dach der UPC landen wird) gibt es ebenfalls noch neuere und ältere Generationen von STB. Die jüngste Sunrise TV Box (seit über drei Jahren im Markt) ist laut Auskunft von Sunrise-Mediensprecher Rolf Ziebold "H.265-ready". Ebenfalls seien das die hauseigenen OTT-Angebote (etwa Netflix), die optional mit einem Apple TV 4k abonniert werden können. Die installierte Basis der älteren Generation Apple TV HD versteht aber kein H.265. Deshalb hätten in den vergangenen Jahren "die Kunden, welche UHD nutzen wollen, bereits vermehrt auf die Sunrise TV Box UHD gewechselt", sagt Ziebold.

Bei Salt, dem vierten Schweizer Großprovider, kümmert sich wiederum ein externer Partner um die technischen Änderungen bei der SRG, "die wir mit Hilfe unseres Providers Zattoo umsetzen", teilt die Salt Medienstelle mit. Der auch in Deutschland wohlbekannte Streaming-TV-Anbieter Zattoo, der seinen Hauptsitz in Zürich hat, stelle für Salt das Headend bereit und kümmere sich damit auch um die Umstellungen.

Die Weiterverbreiter sind demnach alle vorbereitet auf die Ausspielung der SRG-Programme in welchem Format oder Codec auch immer. Dennoch: An dieser Stelle – eben den technischen Grundlagen wie Codecs, Bitraten und Protokolle – gäbe es, so Schmidt von Swisscom, immer noch anhaltende technische Diskussionen zwischen Weiterverbreitern und der SRG. "Im Mittelpunkt stehen aber natürlich für alle Beteiligten eine kontinuierliche Verbesserung der Qualität", sagt Schmidt.

Doch auf UHD wird wie beschrieben keinesfalls vor 2024 umgestellt, betont die SRG.

Übrigens wird das technische Migrationsgeschehen noch dadurch verstärkt, dass auch ein großes Privatfernsehunternehmen, die Schweizer Medienholding CH Media, für 2021 plant, zeitlich nach Sender gestaffelt UHD einzuführen. Laut dem Onlineportal Watson (selbst Teil der CH Media) seien die Planungen bei CH Media mit seinen diversen Privatsendern weit fortgeschritten. Eine Unternehmenssprecherin wollte gegenüber heise online jedoch "noch keine weiteren Details zu unseren UHD-Plänen bekanntgeben".

(vbr)