Schweizer Kommunikationskommission vergibt Handy-TV-Konzession an Swisscom

Zwar konnte die Mobile TV Schweiz AG im Rennen um die Konzession für den landesweiten Betrieb von Handy-TV unter DVB-H vor allem in Sachen Medienvielfalt punkten, einen schnellen Rollout könne aber Swisscom Broadcast besser garantieren, befand die ComCom.

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Von
  • Tom Sperlich

Das Rennen um die Konzession für den landesweiten Betrieb von Handy-TV unter DVB-H in der Schweiz hat die Swisscom Broadcast AG gewonnen. Die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) gab am heutigen Freitag bekannt, dass die Konzessionärin die neue TV-Plattform baldmöglichst lancieren soll, spätestens aber anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 2008. Dann sollen zumindest in den EM-Austragungsstädten Basel, Bern, Zürich und Genf erste TV-Sendungen übers Handy angeboten werden.

Diesen ambitionierten Plan sah die ComCom eher durch die Swisscom verwirklichbar als durch den Mitbewerber Mobile TV Schweiz AG (MoTV), ein Unternehmen, das bis vor kurzem kaum jemand kannte. Erst Anfang August wurde bekannt, dass als Investoren hinter Mobile TV Schweiz die Telekom-Tochter T-Systems Media&Broadcast sowie South Korea Telecom stehen.

Wie die ComCom mitteilte, seien beide Bewerbungen sehr gut gewesen. "Die bessere Bewerbung hat aber Swisscom Broadcast eingereicht und sie erhält deshalb den Zuschlag." Wegen der bereits bestehenden Standorte und der Erfahrung bei der Verbreitung von TV unter anderem über DVB-T, aber auch via (UMTS)-Handy, könne Swisscom Broadcast "einen schnellen Roll-out dieser neuen Technologie in der Schweiz besser garantieren als ihre Mitbewerberin", erklärte die Behörde.

Die unterlegene Mobile TV Schweiz bedauerte den Entscheid und übte harsche Kritik. Laut einer Mitteilung sei der ganze Kriterienwettbewerb eine Farce, "wenn man der in Europa in der Sache best aufgestellten Firma nicht zutraut, auch in der Schweiz erfolgreich zu sein, zumal es hier ja nicht um eine Konzession für die Dauer der Euro 08 ging, sondern um ein kapitalintensives neues Geschäft für die nächsten 10 Jahre".

MoTV betrachtet ihr Konzept "als besseres für die Schweiz und deren Medienvielfalt". Letzteres habe auch die ComCom bestätigt. Der Präsident der ComCom, Marc Furrer, habe Mobile TV Schweiz gestern in einem persönlichen Telefongespräch attestiert, dass die Eingabe von MoTV beachtliche Vorteile im inhaltlich medialen Konzept habe. "Doch da von Anfang an der Medienvielfalt lediglich 20 Prozent Bedeutung beigemessen wurde, schlug das für den Entscheid nicht zu Buche", schreibt MoTV.

Bedeutsam sei, so die ComCom, "vor allem die Verpflichtung, dass die Konzessionärin Swisscom Broadcast allen TV-Veranstaltern und Fernmeldedienstanbietern den gleichen Zugang zu dieser Verbreitungsplattform zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen anbieten muss", so wie es im Radio- und Fernsehgesetz vorgesehen ist. Die entscheidende Auswahl der Konzessionärin erfolgte mittels eines Kriterienwettbewerbs. Laut ComCom erreichte Swisscom Broadcast bei den Kriterien "Versorgung/Rollout", "Konzept/Umsetzung", "Kohärenz und Glaubwürdigkeit der Bewerbung" sowie beim "Business- und Serviceplan" bessere Noten. Beim Kriterium "Beitrag zur Medienvielfalt" lag Mobile TV Schweiz an der Spitze.

Die Konzession wird für die Dauer von zehn Jahren erteilt und umfasst zwölf Versorgungsgebiete, die insgesamt die ganze Schweiz abdecken. In jedem Versorgungsgebiet erhält die Konzessionärin einen 8 MHz breiten Rundfunkkanal zur Verbreitung von TV-Programmen. Die ComCom machte zwar keinerlei Vorgaben zum Programmangebot oder zur Übertragungstechnik, empfiehlt jedoch in ihrer heutigen Mitteilung den Einsatz von DVB-H, da der Standard die effizienteste Nutzung der verfügbaren Frequenzen ermögliche. Wie auch die EU-Kommission favorisiert ComCom damit DVB-H gegenüber der in einigen EU-Regionen genutzten Technik DMB.

Außerdem enthält die Konzession die Verpflichtungen, dass Swisscom Broadcast bis Ende Mai 2008 die in der Bewerbung angegebene Versorgung von rund 44 Prozent der Bevölkerung gewährleisten und bis Ende 2012 rund 60 Prozent versorgen muss. Mindestens 70 Prozent der Übertragungskapazität muss für die Verbreitung von Fernsehprogrammen genutzt werden. Weiterhin, so die ComCom, muss die Konzessionärin beim Netzaufbau die Vorgaben der Raumplanung, des Natur- und Landschaftsschutzes sowie die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) einhalten.

Aufgrund der Bewerbung von Swisscom Broadcast ist zu erwarten, dass größtenteils bestehende Antennenstandorte genutzt werden. Laut Medienberichten führt Swisscom Broadcast bereits Gespräche mit den Schweizer Mitbewerbern im Mobilfunksektor, den Anbietern Orange und Sunrise, über die Netzbenutzung und die Ausgestaltung der Programmangebote. (Tom Sperlich) / (pmz)