Siemens-Mitarbeiter protestieren gegen Arbeitsplatzverlagerungen

Die Gewerkschaft nimmt die Absichten der Geschäftsführung, massiv Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, sehr ernst.

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  • dpa

Rund 800 Siemens-Mitarbeiter haben am Donnerstag in Bocholt gegen drohende Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland und Kürzungspläne des Konzerns protestiert. Allein an den Standorten Kamp-Lintfort und Bocholt sind 2000 Arbeitsplätze in Gefahr. "Beschlossen ist dieser Abbau noch nicht, aber es gibt Verlagerungsabsichten. Das ist sehr ernst zu nehmen", sagte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Bocholt, Heinz Cholewa. "Wir werden diesen Fehdehandschuh, der uns hingeworfen wurde, aufnehmen." Siemens hatte am Donnerstag bekannt gegeben, Einsparungen und Umstrukturierungen in 7 von 14 Unternehmenssegmenten zu planen.

Entsprechende Vorschläge seien Belegschaftsvertretern am Vortag vorgestellt worden, teilte der Elektronik-Konzern in München mit. Konkrete Pläne für die Verlagerung von Stellen bestünden für die Mobilfunksparte ICM, für die Festnetz-Sparte ICN und für die Energieübertragung PTD. Einen genauen Umfang der Pläne nannte das Unternehmen zunächst nicht. Nach Cholewas Angaben will Siemens insgesamt knapp 6000 Stellen abbauen oder verlagern. Siemens-Töchter könnten in ähnlicher Größenordnung betroffen sein.

Im Falle der Standorte Bocholt und Kamp-Lintfort gilt es laut Siemens, im Vergleich mit einem Alternativstandort in Ungarn bei den Arbeitskosten eine Lücke von bis zu 30 Prozent zu schließen. Dies sei durch längere und flexiblere Arbeitszeiten sowie andere kostensenkende Maßnahmen zu erreichen. Siemens verwies auf einen Ergänzungstarifvertrag, mit dem die Verlagerung einer Bocholter Siemens Service-Reparaturwerkstatt mit rund 220 Arbeitsplätzen nach Ungarn gestoppt worden sei.

Nach Angaben des Betriebsrat des Werks in Kamp-Lintfort, Josef-Michael Leucker, will Siemens die 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich und die Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld durchsetzen. Diese Forderung werde die Arbeitnehmerseite aber nicht akzeptieren, versicherte der Bezirksvertreter der IG Metall, Ulrich Marschner.

"Wir haben in Bocholt für einen begrenzten Bereich eine Lösung gefunden, aber das kann sich nicht als Modell für alle Standorte anbieten", warnte Cholewa. Bei dem Ergänzungsvertrag handele es sich um eine Ausnahmeregelung, die die Jahresarbeitszeit ohne Urlaub und Feiertage auf 1760 Stunden festlege. Für den Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld sei eine leistungs- und ergebnisabhängige Komponente von 45 Prozent eines Monatsgehaltes bei vollständiger Zielerreichung geplant. Im laufenden Jahr sei zudem eine Einmalzahlung von 70 Prozent eines Monatsgehaltes vorgesehen. Der Vertrag habe eine Laufzeit vom 1. Mai 2004 bis zum 30. April 2006.

Derzeit sind an den beiden Standorten Bocholt und Kamp-Lintfort knapp 5000 Mitarbeiter mit der Herstellung von Handys und schnurlosen Festnetz-Telefonen beschäftigt. (dpa)/ (tol)