Spotifys Tantiemen-Trick ist zulässig: US-Urteil
Spotifys Manöver, durch Hörbücher die Musiktantiemen zu reduzieren, ist legal. So urteilt ein US-Bundesgericht.
(Bild: norazaminayob/Shutterstock.com)
Für Einnahmen aus reinen Musikabos muss Spotify in den US höhere Tantiemen zahlen als für Bündeldienste, die neben Musik noch andere Leistungen enthalten – sofern die zusätzliche Leistung mehr als "symbolischen Wert" hat ("token value"). Daher hat Spotify 2023 jedem Bezahlabo 15 Monatsstunden Hörbuchnutzung hinzugefügt und dann im März 2024 die Sparklausel aktiviert. Das wollte die US-Verwertungsgesellschaft MLC nicht hinnehmen. Sie hat Spotify verklagt und nun in erster Instanz verloren. Für Spotifys Finanzen ist das Gold wert.
Denn das angerufene US-Bundesbezirksgericht für das Südliche New York hat an Spotifys Tantiemen-Manöver nichts auszusetzen. Die Richterin hielt nicht einmal ein Gerichtssaalverfahren für erforderlich; denn selbst wenn alle Behauptungen der Klage stimmten, sei Spotify daraus rechtlich kein Vorwurf zu machen. Der Audiostreamer folge den Vorgaben der einschlägigen Verordnung.
MLC ist eine Verwertungsgesellschaft, die die Rechte von Librettisten, Komponisten und Musikverlagen in den USA vertritt. Spotify nutzt eine gesetzlich vorgesehene Lizenz und zahlt MLC LizenzgebĂĽhren nach Formeln aus einer Verordnung der US-Parlamentsbibliothek (37 CFR Paragraph 385 ff).
Die Sparklausel
Ein reiner Musikstreamer für mobile Geräte muss demnach den höheren Betrag von entweder gut 15 % aller relevanten Umsätze an MLC zahlen, oder 26,2 Prozent aller zu zahlenden Tantiemen (sogenannte Total Cost of Content, es sind ja auch noch andere Rechteinhaber zu entlohnen). Details wie Mindestgebühren und kleinere Abzüge spielen für das Grundprinzip keine Rolle. Handelt es sich jedoch um ein Bündelprodukt, sinkt der MLC-Anteil nicht nur von 26,2 auf 24,5 Prozent, es ändert sich auch die Berechnungsgrundlage, denn die für Musikrechte "relevanten Umsätze" sind bei einem Bündelprodukt eben nur ein Teil des Bündelpreises.
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Der Streaminganbieter darf den Anteil des reinen Musikangebots anhand der Summe der einzelnen Bestandteile des Bündels berechnen. Bietet er selbst die Teile nicht separat an, kann er das am ehesten vergleichbare Konkurrenzprodukt heranziehen. Schon seit Jahren hat Spotify in seinen Premium-Abos neben Musik auch Videos und Podcasts inkludiert, zahlte aber stets den höheren Musiktarif an MLC. Nach Hinzufügung der Hörbücher im November 2023 aktivierte der Streaminganbieter erst im März 2024 die Sparklausel.
Damals verlangte Spotify in den USA für das Bündelprodukt mit Hörbüchern rund elf Dollar netto monatlich, für ein reines Hörbuchstreamingabo zehn Dollar netto. Somit verringerte sich beim Bündelabo die Berechnungsgrundlage für die MLC-Tantiemen um fast 48 Prozent. Von dem fast halbierten Betrag zahlte Spotify dann auch nur 24,5 statt 26,2 Prozent. MLC sah Einnahmeverlust in Höhe von 150 Millionen Dollar im Jahr und verklagte Spotify wegen Verletzung des US Copyright Act. Spotify beantragte, das Verfahren mangels rechtlich relevanter Vorwürfe einzustellen.
Das Urteil
Mit Erfolg: Das Gericht stellt fest, dass die "Vorschriften unzweideutig sind, und dass die einzig plausible Anwendung des Rechts Spotifys Position untermauert." Folge man den Angaben des Klägers, sei Hörbuchstreaming etwas anderes als Musikstreaming und habe zudem mehr als symbolischen Wert. Die Einstufung als Bündeldienst sei somit korrekt.
Für die tarifliche Einstufung sei unerheblich, ob Spotify die monatlich 15 Stunden Hörbuchgenuss nur zu Sparzwecken hinzugefügt habe, oder dass nur wenige Kunden das Zusatzangebot nutzten. MLC argumentierte, die Hörbucher hätten bloß symbolischen Wert, weil das reine Hörbuchangebot von der Spotify-Homepage gar nicht zu erreichen sei (man muss eine Suchmaschine bemühen), und weil Spotify die Preise für das Musikabonnement bei Hinzufügung der Hörbücher nicht angehoben habe.
Spotify hielt dagegen, dass das verbesserte Angebot Kunden anlocke, die dann später mit Preiserhöhungen bedacht würden – und tatsächlich hat Spotify im Juni die US-Preise angehoben. Aus Sicht des Gerichts entscheiden weder Preis noch Motiv darüber, ob ein Dienst mehr als "symbolischen Wert" habe; auch ein stark rabattiertes Lockangebot könne für Kunden wertvoll sein.
Ebenso helfe es MLC nichts, dass sich Spotify erst Monate später im März 2024 auf die Bündelklausel berufen habe. Wahrscheinlich habe Spotify zuvor unnötig hohe Tantiemen an MLC gezahlt, was die Inanspruchnahme der Sparklausel nicht behindere. MLC kann gegen die Gerichtsentscheidung Rechtsmittel einlegen.
Das Gerichtsverfahren heißt Mechanical Licensing Collective v Spotify und ist am US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York unter dem Az. 1:24-cv-03809 anhängig.
(ds)