StPO-Reform: Justizministerium will Kfz-Kennzeichen-Scanning ausweiten

Seite 2: "Rechte durch klare Anordnungen schützen"

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Eine schriftliche Anordnung "der Staatsanwaltschaft oder ihrer Ermittlungsperson" soll ausreichen, um die Scanner einzusetzen. Darin müssen laut dem Entwurf die Halterdaten der Verdächtigen und die "bestimmten Stellen" der Überwachung genau bezeichnet werden. Die Anordnung sei zu befristen, ein Richtervorbehalt aber nicht angezeigt.

AKLS ermöglichten es, "über einen bestimmten Zeitraum hinweg an überwachten Kontrollpunkten vor allem von Fernstraßen sämtliche passierende Fahrzeuge abzulichten, deren amtliche Kennzeichen durch eine Software auszulesen und sie mit Halterdaten von Kraftfahrzeugen abzugleichen", erläutert das Ministerium. Dabei gelte es, die Rechte der Betroffenen durch klare Anordnungs- und Verfahrensvoraussetzungen zu schützen und die vom Bundesverfassungsgericht in jüngster Zeit aufgestellten Vorgaben zu berücksichtigen.

Ihr gehe es darum, eine "Regelungslücke im Bereich der strafprozessualen Ermittlungsbefugnisse" zu schließen, erläuterte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Die Novelle greife zudem einen Beschluss der Justizministerkonferenz vom Juni 2019 auf.

Das Instrument werde in anderen Bereichen staatlicher Kontrolle bereits seit Längerem erfolgreich eingesetzt und sei dort auch bereichsspezifisch gesetzlich geregelt, heißt es in der Begründung. So dienten AKLS im Straßenverkehrsrecht schon seit 2005 dazu, die Mautpflicht durchzusetzen. Seit 2019 würden sie genutzt, um zu kontrollieren, ob Dieselfahrverbotszonen eingehalten werden.

Auch für die Gefahrenabwehr werde die automatische Kennzeichenerfassung schon seit vielen Jahren anlassbezogen – teils als offene, teils als verdeckte Maßnahme – polizeilich in zahlreichen Bundesländern verwendet. Dies sei aber mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet.

Bisher könne das Kennzeichen-Scanning allenfalls auf Paragraf 100h StPO gestützt werden, gibt das Ministerium zu bedenken. Dieser bestimme aber nur allgemein, dass "auch ohne Wissen der betroffenen Personen außerhalb von Wohnungen Bildaufnahmen hergestellt werden dürfen", um den Aufenthaltsort eines Beschuldigten herauszufinden. Insbesondere der beständige Abgleich von aufgenommenen Bildelementen mit mehr oder weniger umfangreichen Dateibeständen werde damit nicht erlaubt. Vor allem in Brandenburg ist das Kennzeichen-Scanning daher umstritten und eine Verfassungsbeschwerde anhängig.

Zugleich räumt das Ministerium ein, dass "typischerweise Personen in sehr großer Anzahl betroffen" seien. Diese alle anschließend über den Grundrechtseingriff zu benachrichtigen, "erscheint praktisch undurchführbar" und sei verfassungsrechtlich auch nicht vorgeschrieben. Informiert werden sollen daher nur diejenigen, die erheblich betroffen seien, also der Beschuldigte oder Kontaktpersonen.

(anw)