StPO-Reform: Justizministerium will Kfz-Kennzeichen-Scanning ausweiten

Zur Gefahrenabwehr setzen viele Bundesländer die automatische Nummernschilderfassung schon ein, nun soll sie zur Strafverfolgung zulässig werden.

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StPO-Reform: Justizministerium will Kfz-Kennzeichen-Scanning ausweiten

(Bild: Ulf Wittrock/Shutterstock.com)

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Das Bundesjustizministerium will eine einheitliche Rechtsgrundlage schaffen, auf der die Polizei die automatisierten Kennzeichenlesesysteme (AKLS) im öffentlichen Verkehrsraum zu Fahndungszwecken nutzen können soll. Dies geht aus einem nun veröffentlichten Referentenentwurf zur "Fortentwicklung der Strafprozessordnung" (StPO) hervor.

Laut dem geplanten Paragraf 163g StPO sollen Ordnungshüter "an bestimmten Stellen im öffentlichen Verkehrsraum" ohne das Wissen der betroffenen Personen "amtliche Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung durch den Einsatz technischer Mittel automatisch" erheben dürfen. Es müssen "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen worden ist". Zugleich soll die Annahme gerechtfertigt sein, dass so der Aufenthaltsort des Beschuldigten ermittelt werden kann.

Das Ministerium hofft damit, eine "klare Zweckbindung der Maßnahme" zu kodifizieren. Schon mit dem Verweis auf Delikte von "erheblicher Bedeutung" verwendet es aber einen weitgehend unbestimmten Rechtsbegriff. Eine solche Straftat liegt laut dem Bundesverfassungsgericht vor, "wenn sie mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen".

Meist handelt es sich Juristen zufolge um gewerbs-, gewohnheits-, serien- oder bandenmäßig oder anders organisierte Taten. Als Beispiele gelten neben Delikten, die besonders schutzwürdige Rechtsgüter wie Leib, Leben und Freiheit der Person sowie den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder betreffen, auch Betrugsfälle, Drogenkriminalität oder das Verbreiten von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs.

Die Daten dürfen laut dem Entwurf nur vorübergehend und nicht flächendeckend erhoben werden. Eine ausdrückliche und pauschal geltende Höchstfrist sei nicht nötig. Die erhobenen amtlichen Kfz-Nummernschilder dürften automatisch abgeglichen werden mit Halterdaten von Autos, die auf den Beschuldigten oder Kontaktpersonen zugelassen sind oder von diesen genutzt werden. Bedingung ist, dass die "Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise erheblich weniger erfolgsversprechend oder wesentlich erschwert wäre".

Das Kennzeichen müsse unverzüglich automatisch abgeglichen werden, nachdem die Daten erhoben worden seien, heißt es weiter. Bei einem Treffer sei genauso unverzüglich manuell zu überprüfen, ob die erhobenen Kennzeichen und Halterdaten übereinstimmen. Wenn kein Treffer vorliege oder dieser nicht bestätigt werden könne, seien die erhobenen Informationen "sofort und spurenlos zu löschen".