Staatsanwaltschaft Bonn stellt Telekom-Verfahren teilweise ein [Update]

Die Vorwürfe der Falschbewertungen von Immobilien, die den zweiten und dritten Börsengang der Telekom betrafen, wurden fallen gelassen. Die Ermittlungen zur Eröffnungsbilanz und zum ersten Börsengang stehen vor dem Abschluss.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen die Deutsche Telekom wegen möglicher Falschbewertungen von Immobilien zum Teil eingestellt. Die Einstellung der Ermittlungen betreffe die Jahre 1998/1999/2000, sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel gegenüber dpa. Erste solche Hinweise aus Unternehmenskreisen hatte es bereits vor anderthalb Wochen gegeben. Die Vorwürfe zu den Angaben in den Emissionsprospekten zum zweiten und dritten Börsengang werden damit fallen gelassen. Zum Vorwurf der Falsch-Bilanzierung in den Jahren 1995 bis 1997 (also zur Eröffnungsbilanz und dem Prospekt zum ersten Börsengang) stünden die Ermittlungen vor dem Ende, berichtete die Staatsanwaltschaft. Sie sollten "in der nächsten Woche" abgeschlossen werden.

Vor allem Kleinanleger werfen der Telekom vor, mittels fragwürdiger Immobilienbewertungen Bilanzen geschönt zu haben; dabei geht es den Aktionären sowohl um die Eröffnungsbilanz als auch um die Prospekte für die drei Börsengänge der Telekom. Der Streit um den angemessenen Wert der Telekom-eigenen Immobilien ist also so alt wie die Aktiengesellschaft selbst: Die heutige AG wurde zum Jahreswechsel 1994/95 gegründet.

Während der Buchwert der Immobilen des Vorläufers "DBP Telekom" zum Jahresende 1994 23 Milliarden DM betrug, wurden am Neujahrstag daraus 35 Milliarden. So sollte die Aktiengesellschaft attraktiv für institutionelle und private Anleger weltweit werden. Im Herbst 1996 wurden die ersten "T-Aktien" an der Börse gehandelt. 2001 ruderte die Telekom dann zurück und kündigte -- im unteren Teil einer Pressemitteilung versteckt -- Wertberichtigungen am Grundstücksvermögen um rund 2 Milliarden Euro an.

Die Bewertung der Immobilien war im Telekom-Vorstand von Anbeginn umstritten. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem gefeuerten Chef der DeTeImmobilien, Frerich Görts, mit seinem früheren Arbeitgeber kamen Details ans Tageslicht. Görts gab vor Gericht an, bereits am 8. September 1998 in einem vertraulichen Brief an den damaligen DTAG-Aufsichtratsvorsitzenden Helmut Sihler und Vorstandschef Ron Sommer sein "Entsetzen über die flächendeckende Falschbewertung des Immobilienvermögens der Deutschen Telekom AG" ausgedrückt zu haben. Die Zahlen seien ohne Korrektur in den Börsenprospekt für den Börsengang 1996 gelangt. Indes lässt das deutsche Bilanzierungsrecht weite Spielräume für die Bewertung von Immobilien.

[Update]:
Die teilweise Einstellung des Verfahrens gegen die Telekom im Zusammenhang mit einer möglichen Falschbewertung der Immobilien hat voraussichtlich keine Auswirkungen auf den millionenschweren Schadenersatzprozess enttäuschter Anleger gegen das Unternehmen. "Die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn haben keinen Einfluss auf das Zivilverfahren", sagte der Sprecher des Landgerichtes Frankfurt, Stefan Möller, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX.

"Im Moment sehe ich keine Auswirkungen. Ich gehe davon aus, dass die Kammer das ähnlich sieht", sagte Möller. Das Verfahren werde voraussichtlich am 25. Oktober fortgesetzt. In dem beispiellosen Wirtschaftsprozess verlangen Kleinanleger Schadenersatz vom ehemaligen Staatsunternehmen für erlittene Kursverluste. Seit dem dritten Börsengang im Jahr 2000 hat sich der Wert der Telekom-Papiere auf ein rundes Viertel des damaligen Ausgabepreises reduziert.

Entscheidend für die Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Bonn bei den Bewertungen ab 1998 sei es gewesen, dass es keinen "wesentlichen Fehler" in der Bewertung der Immobilien mehr gegeben habe. Dies wäre laut Staatsanwalt Apostel dann gegeben gewesen, wenn der überhöhte Ansatz eine bestimmte prozentuale Marge überschritten hätte. Wegen des angesammelten hohen Eigenkapitals der Telekom habe sich die Auswirkung aber auf unter fünf Prozent belaufen. (jk)