Staatssekretär: KI-Systeme sollen Energiebilanz für ganzen Lebenszyklus liefern

Umweltstaatssekretär Christian Kühn fordert eine Technikfolgenabschätzung für einzelne KI-Modelle mit Fokus Nachhaltigkeit. Der geplante AI Act trägt wenig bei.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Verbraucher müssen wissen: "Ist diese KI nachhaltig oder nicht." Dies hält Christian Kühn, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV), für unerlässlich. Der Grüne plädiert daher für die Einführung einer verpflichtenden Technikfolgenabschätzung für einzelne KI-Systeme und -modelle. Damit müssten Betreiber Energiebilanzen über den gesamten Lebenszyklus hinweg liefern: "Dazu fehlen uns heute noch die Daten." Prinzipiell sieht der Politiker "große Potenziale" von Künstlicher Intelligenz, den Klimawandel zu bekämpfen. Damit ließen sich etwa Kläranlagen so steuern, dass weniger Klimagase ausgestoßen werden. Zudem könnte die Landwirtschaft "wegkommen von riesigen Maschinen", vielfältiger werden und die Biodiversität besser schützen. Dem stünden ein hoher Ressourcenverbrauch und andere Zielkonflikte wie Rebound-Effekte entgegen.

Nachhaltige Künstliche Intelligenz meine nicht nur Effizienz, betonte Kühn am Montag auf der Konferenz "KI: Immer größer statt grüner" der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Sonst könnte auch das effiziente Ausnutzen von Bohrfeldern unter dieses Label subsumiert werden. Es gelte daher immer, auch auf die Anwendungen zu blicken. Standardisierung spiele eine wichtige Rolle, "damit die Wirtschaft umsteuert". KI dürfe in diesem Sinne nicht die Glühlampe sein, sondern müsse das weniger Strom fressende LED-Licht werden. Und: "Es braucht Regulierung", unterstreicht der Staatssekretär. Er sei daher froh, "dass wir mit der KI-Verordnung ein ganzes Stück weiter kommen". Umweltaspekte seien im Text enthalten. Zugleich gehe es darum, "wie man die Demokratie unter diesen neuen technischen Bedingungen schützen kann".

Das EU-Parlament drängte in seiner Position zum AI Act etwa darauf, dass europäische Unternehmen möglichst "alle verfügbaren technologischen Fortschritte" inklusive KI nutzen sollten, um zum Ziel der Klimaneutralität beizutragen. Die Verhandlungen mit dem EU-Rat hat diese Passage nicht überlebt. Basismodelle wie das hinter ChatGPT stehende GPT, Gemini, LaMDA oder LLaMA müssten laut der finalen Version zwar eine technische Dokumentation vorlegen und darin Transparenz über urheberrechtlich geschützte Inhalte und den Energieverbrauch herstellen, erklärte die Amsterdamer Informationsrechtlerin Natali Helberger. Eine "systematische Risikobewertung und -minimierung" sei aber nur bei einer "sehr großen Rechenleistung und Nutzerzahl" erforderlich. Sie kenne kein europäisches Modell, das in diese Kategorie falle. Dies führe zu der "ironischen Situation", dass sich aufgrund der EU-Vorgaben "vor allem große ausländische Konzerne Gedanken um Nachhaltigkeit machen müssen".

Helberger unterstützte den Appell Kühns, die komplexe Wertschöpfungskette hinter generativer KI stärker auszuleuchten. Dabei handle es sich um eine "Gemeinschaftsarbeit vieler Akteure und Wissensketten", die von der Infrastruktur über die Beschaffung und Bereinigung von Daten bis zur Nutzung in Industrie und bei den Endverbrauchern reiche. Die Bedingungen der vielfach in Entwicklungsländer verlagerten Arbeit seien dabei oft "horrend" bei "hochgradig repetitiven Tätigkeiten". Letztlich trügen "wir alle zum Training der Modelle bei", da potenziell das gesamte öffentliche Internet, Blogs und öffentliche Daten einflössen. "Die Gesamtbilanz muss stimmen", hob auch Jan Philipp Albrecht, Vorstand der Böll-Stiftung, hervor. Es sei zwar gut, wenn KI die Auslastung von Energienetzen und des ÖPNV verbessere. Die Technik müsse aber unterm Strich zu einem ökologischen Mehrwert sowie zur Nachhaltigkeit auch im ökonomischen und sozialen Sinne führen.

Zweifel an dieser Stimmigkeit äußerte Friederike Rohde vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Allein für das Training von GPT-3 von OpenAI seien 500 Tonnen CO₂ ausgestoßen worden. Bei Anwendungen wie dem autonomen Fahren kämen bis zu 30 Hardwarekomponenten wie Sensoren, Lidar und GPS dazu, die alle auch Energie und Ressourcen bräuchten. Die KI-Nutzung wachse zudem exponentiell, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen. So sei insgesamt nicht absehbar, wie die Technik die Mobilitätswende oder die grüne Transformation voranbrächten. Die Emission von 500 Tonnen CO₂ entspreche dem Bau von 15 Einfamilienhäusern, nahm David Koch vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) die Gegenperspektive an. Für ihn überwiegen mit KI verknüpfte Vorteile wie eine bessere Prozessführung in der Kunststoffindustrie, womit leichter recycelte Materialien einsetzbar seien. Grundsätzlich müssten aber die ökologischen Kosten fürs Training eingepreist und die Firmen in den CO₂-Handel einbezogen werden.

(olb)