Stadt Nürnberg hielt Warnung vor Unwetter per Cell Broadcast für nicht notwendig

Vor den extremen Unwettern in Nürnberg warnten die Behörden digital nur per App, nicht per Cell Broadcast. Man fürchtete unter anderem zu viele Notrufe.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 493 Kommentare lesen

Beispiel für Warnungen per Cell Broadcast – im Ausland seit Jahrzehnten Standard.

(Bild: Simone Hogan/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Ernst

Nach schweren Unwettern mit Überschwemmungen ganzer Straßenzüge am vergangenen Donnerstag in Nürnberg gibt es Kritik an der Art, wie die Warnsysteme ausgelöst wurden. Inzwischen ist bestätigt, dass das auf Smartphones nur über die Apps NINA, Katwarn und Warnwetter erfolgte, nicht aber über das System Cell Broadcast.

Andreas Franke, Pressesprecher der Stadt Nürnberg, sagte dem Bayerischen Rundfunk, man habe sich bewusst gegen die Nutzung von Cell Broadcast entschieden. Das hätte nur für die ganze Stadt erfolgen können. Man befürchtete eine "weitere Flut von Notrufen" auch aus Gebieten, die von dem Starkregen nicht betroffen gewesen wären. Zudem sei das Mobilfunknetz ohnehin "schon sehr stark belastet" gewesen. Dies sei eine Entscheidung "eines sehr erfahrenen Einsatzleiters" gewesen. Die Aussagen des Pressesprechers finden sich in einem Beitrag der Fernsehsendung "Frankenschau" ab Minute 4:35.

Darin erklärt Franke auch, dass die Stadt selbst keine Warnung per Cell Broadcast hätte auslösen können. Die sei in Bayern nur durch das dortige Innenministerium oder durch die Berufsfeuerwehr Regensburg möglich. Die Möglichkeit, auch lokal Warnungen auszulösen, wünscht sich Andreas Franke für die Zukunft. Der Bayerische Rundfunk hat die Kontroverse auch in einem eigenen Artikel zusammengefasst und erklärt dort auch, dass es sich bei Cell Broadcast um ein System handelt, für das keine Apps auf Smartphones oder älteren Handys installiert werden müssen. In der Sendung wurde dies anders dargestellt.

Während des Unwetters bat die Feuerwehr Nürnberg über den Dienst X, früher Twitter genannt, auch nur Notrufe über die Telefonnummer 112 abzusetzen und nicht über Nummern der Verwaltung oder einzelner Feuerwehrwachen. Gegen 20 Uhr befanden sich die Helfer schon in über 500 Einsätzen.

Anders als in Nürnberg wird in vielen anderen Landkreisen Deutschlands Cell Broadcast, behördensprachlich SMS-CB oder DE-Alert genannt, auch bei Unwettern eingesetzt. Dies erklärte das zuständige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erst im Juni 2023 auf Anfrage von heise online.

Etwa alle 36 Stunden gibt es über den Dienst irgendwo in Deutschland eine amtliche Warnung vor Gefahrenlagen für ein betroffenes Gebiet. Das ist neben Unwettern beispielsweise auch bei Großbränden oder Bombenräumungen inzwischen ein übliches Vorgehen. Das System wurde erstmals bundesweit am Warntag 2022 getestet, nachdem es bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 nicht zur Verfügung gestanden war. Für den 14. September 2023 ist ein weiterer Warntag geplant.

(nie)