Streiks bei Lieferdienst Gorillas: Arbeitsminister Heil schaltet sich ein

Der Arbeitskampf beim Berliner Lieferdienst beschäftigt die Bundesregierung. Der Bundesarbeitsminister sucht das Gespräch mit Ridern und Geschäftsführung.

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Mitarbeiter des Lieferdienst-Startups Gorillas bestreiken ein Berliner Auslieferungslager und fordern bessere Arbeitsbedingungen.

Arbeitskampf bei Gorillas: Streikende Rider blockieren ein Basislager des Lieferdienstes in Berlin.

(Bild: Timeckert/Shutterstock.com)

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schaltet sich in den Arbeitskampf beim Lieferdienst Gorillas ein. Am kommenden Dienstag wolle der Minister mit Beschäftigten über deren Arbeitssituation bei dem Lebensmittellieferdienst sprechen, berichtet der Berliner Tagesspiegel. Eingeladen habe den Minister die SPD-Bundestagsabgeordneten Cansel Kiziltepe. Auch mit der Unternehmensführung wolle Heil reden.

Bei den Gorillas herrscht seit mehreren Wochen Zoff. Eine lautstarker und gut organisierter Teil der Beschäftigten fordert unter anderem bessere Arbeitsbedingungen und verlässliche Bezahlung. Mit wiederholten Streiks vor Auslieferungslagern in Berlin verleihen sie ihren Forderungen Nachdruck. Anfang Juni haben sie die Gründung eines Betriebsrates in die Wege geleitet.

Gorillas wurde 2020 gegründet und gilt als eines der heißesten deutschen Startups. Es geht um einen Milliardenmarkt, der Wettbewerb ist hart: Um hier zu gewinnen, soll das Unternehmen schnell wachsen. Mit einer Bewertung von rund einer Milliarde Euro gilt Gorillas als "Einhorn". Das Geschäftsmodell ist die hyperlokale Lebensmittellieferung. In nur zehn Minuten liefern die Fahrerinnen und Fahrer Dinge des täglichen Bedarfs, die man in einer App bestellen kann.

Um die Lieferfrist einhalten zu können, betreibt das Unternehmen zahlreiche Auslieferungslager in 18 deutschen Städten sowie in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Großbritannien. Das ist nicht unumstritten, weil mit den Standorten in Wohnvierteln auch Belästigungen durch die tägliche Anlieferung der Lebensmittel, blockierte Gehwege und Lärm verbunden sind. In Berlin gibt es deswegen Ärger mit den Behörden.

Gorillas verweist darauf, dass die Fahrer alle fest angestellt sind und einen Stundenlohn erhalten, der über dem Mindestlohn liegt. "Bei uns gibt es keine Subunternehmer und keine Solo-Selbständigen", sagt Gründer und CEO Kağan Sümer. Allerdings setzt Gorillas bei Kapazitätsengpässen auch Gig-Worker ein, die zum Beispiel über Vermittlungs-Apps wie Zenjobs rekrutiert werden.

Die Geschäftsführung versucht, die Unruhe im Unternehmen mit einigen Zugeständnissen an die Arbeitnehmer in den Griff zu bekommen. Ein "Maßnahmenplan" des Managements umfasst unter anderem ein Maximalgewicht für Lieferungen, bessere Schichtplanung und die Bezahlung ausstehender Überstundenvergütungen. Das Team, das sich um die Belange der "Rider" genannten Lieferfahrer kümmert und ihr Ansprechpartner ist, wurde vergrößert. Ende Juni hatte auch CEO Sümer den Dialog mit den Streikenden gesucht.

Das "Gorillas Workers Collective", das die Streiks organisiert, hält den Maßnahmenkatalog für Schönfärberei und spricht von einer "Beleidigung der Mitarbeiter". Sie haben einen 19 Punkte umfassenden Forderungskatalog aufgestellt. Sie fordern unter anderem Fahrräder mit Laderaum und persönliche Ausrüstung für die Fahrer. Die organisierten Rider haben der Geschäftsführung ein Ultimatum gestellt, das am Mittwoch verstrichen ist. Das "Gorillas Workers Collective" ruft nun zu einer "Streikfahrradtour" am kommenden Samstag auf.

(vbr)