Streit um Grundverschlüsselung und Gebührenpläne beim Satelliten-TV

Verbraucherschützer und Politiker halten nichts von den Plänen einer monatlichen Gebühr fürs digitale Satelliten-TV. ARD und ZDF warnen zudem vor dem "gläsernen Zuschauer" und vor dem Zwang zur gebietsweise eingeschränkten Ausstrahlung.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Pläne für eine Zugangsgebühr im digitalen Satelliten-Fernsehen stoßen weiter auf Kritik. Nach den Landesmedienanstalten monierten am Freitag auch Verbraucherzentralen und Politiker die Absicht der Senderfamilien RTL und MTV, ihr digitales Programm über Satellit ab 2007 nur noch verschlüsselt auszustrahlen. Auch ARD und ZDF reihten sich unter den Kritikern ein. Dagegen verteidigten RTL und der Privatsenderverband VPRT das Vorhaben.

Der Satellitenbetreiber SES Astra vereinbarte diese Woche mit den Sendergruppen RTL (RTL, VOX, RTL II, Super RTL, n-tv, RTL Shop und Traumpartner TV) und MTV Deutschland (MTV, VIVA, NICK und Comedy Central), dass sie über die kommende "Dolphin"-TV-Plattform verschlüsselt ausgestrahlt werden. Zuschauer können dann das neue digitale Angebot nutzen, wenn sie über eine Satellitenschüssel und einen geeigneten Satellitenreceiver sowie eine passende Smart Card verfügen, die über eine neue Tochterfirma von SES Astra zu beziehen sein wird. Für die Nutzung der Technik beabsichtigt diese Tochterfirma, von den Haushalten eine "niedrige Monatspauschale von bis zu 3,50 Euro" zu erheben.

Die Satellitengebühr könnte langfristig einen "Einstieg in das weit reichende Entgelt-TV" bedeuten, erklärte der Bundesverband der Verbraucherzentralen laut einem dpa-Bericht. Viele Haushalte müssten dann in Zukunft mit erhöhten Kosten für die Fernsehnutzung rechnen, sagte der Medienreferent der Verbraucherschützer, Michael Bobrowski. "Das frei zugängliche Medienangebot wird sich verschmälern". Es liege aber in den Händen der Nutzer, sich für oder gegen das Angebot der Sender zu entscheiden, sagte Bobrowski. Auch der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg (CDU) sprach von drohenden Zusatzkosten. "Wir können aber leider diese Entscheidung nicht korrigieren, weil diese im Rahmen der unternehmerischen Freiheit liegt", sagte Uhlenberg der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Er sei bisher davon ausgegangen, dass sich Privatsender nur über Werbung finanzierten. Ähnlich äußerte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Zöllmer.

Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) verteidigte dagegen die Verschlüsselung der Programme als "unverzichtbare Voraussetzung zum Schutz des Signals vor unberechtigten Zugriffen". Und der Sender RTL reagierte auf Äußerungen von Kartellamtspräsident Ulf Böge, bei den Gebührenplänen gebe es Absprachen zwischen den beiden führenden deutschen TV-Konzernen. RTL habe seit vergangenem Herbst bilateral über das technische Angebot des Satellitenbetreibers SES Astra verhandelt, sagte RTL-Sprecher Christian Körner laut dpa. "Aus unseren Gesprächen mit dem Kartellamt wissen wir um die Bedenken und sind sicher, sie ausräumen zu können". Die Verschlüsselung diene langfristig der Sicherung des frei empfangbaren Fernsehens, betonte Körner. Die Satellitengebühr sei nur eine technische Zugangspauschale wie im Kabel oder Internet und kein programmbezogenes Entgelt.

ARD und ZDF kritisieren derweil die Pläne von SES Astra, RTL und MTV als "Weg ins totale Bezahlfernsehen". Der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber meinte laut Spiegel zu den Plänen, sie blockierten den den politisch gewollten Umstieg in die digitale Welt statt ihn zu fördern. Im Übrigen entstehe durch die direkte Adressierbarkeit die Gefahr, dass die Bürger für die beteiligten Medienkonzerne "zu gläsernen Kunden und Zuschauern" würden. SWR-Intendant Peter Voß sekundierte: "Die Politiker müssen verhindern, dass ARD und ZDF mit der Grundverschlüsselung ins Bezahlfernsehen weggesperrt werden." ZDF-Intendant Markus Schächter hatte seinen Fernsehrat intern vor den möglichen Folgen der Entwicklung gewarnt: Lizenzgeber von Sportrechten und Spielfilmen könnten künftig auch bei ARD und ZDF auf eine "gebietsweise eingeschränkte und damit verschlüsselte Ausstrahlung" drängen, heißt es laut dem Magazin in einem internen Papier. "In der Konsequenz könnte dies zu einem programmlich abgemagerten öffentlich-rechtlichen Rundfunk" führen, in dem "unverzichtbare Programmfarben wie Sport und Spielfilm weitgehend nicht mehr vorkommen".

Siehe dazu auch: (jk)