T-Aktie raubt Anlegern den Schlaf

Wenn der Kurs der T-Aktie einbricht, zittert eine ganze Anlegernation.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Wenn der Kurs der T-Aktie einbricht, zittert eine ganze Anlegernation. Die einst so beliebte Volksaktie der Deutschen Telekom AG hat Investoren in den vergangenen Wochen förmlich den Schlaf geraubt. Innerhalb eines Jahres hat das Papier schließlich mehr als drei Viertel seines Wertes eingebüßt. Immerhin: Nach dem drastischen Kurseinbruch in der vergangenen Woche befand sich die Aktie der Deutschen Telekom am heutigen Montag auf leichtem Erholungskurs. Das Papier verteuerte sich bis 15.30 Uhr um 3,21 Prozent auf 27,35 Euro und führte zeitweilig die Liste der Kursgewinner im DAX an. Der bisherige Tageshöchststand der Aktien hatte am Vormittag bei 27,60 Euro gelegen. Damit haben die "T-Aktionäre" ein Wechselbad der Gefühle hinter sich: Von Himmel hoch jauchzend bis zu Tode betrübt.

Der Verantwortliche für die massive Wertevernichtung ist in der Öffentlichkeit schnell gefunden: Vorstandschef Ron Sommer. Fehlerhafte Unternehmensstrategie, der überteuerte Kauf der UMTS-Lizenzen, der enorme Schuldenstand oder ein zu hoher Preis für den Erwerb des US-Mobilfunkers VoiceStream, lauten in diesen Tagen die häufigsten Vorwürfe an den Telekom-Chef. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Rainer Brüderle forderte am Wochenende unverhohlen Sommers Rücktritt, wenn es ihm nicht gelinge, den Aktienkurs wieder auf Trab zu bringen. Zuvor hatte es erneut Gerüchte gegeben, dass der Telekom-Chef vorzeitig das Handtuch werfen könnte. Unter Branchenkennern lösen solche regelmäßig auftauchenden Marktspekulationen allerdings nur ein müdes Lächeln aus.

Ralf Hallmann von der Berliner Bankgesellschaft kann die täglichen Bulletins über die Lage des Bonner Konzerns nicht mehr hören. "Die Stimmung ist negativ, die Telekom kommt am Markt derzeit nicht gut an", resümiert der Analyst knapp. Dabei ist der rosa Riese überhaupt kein Einzelfall. Auch die Ex-Monopolisten France Telecom, British Telecom oder Telecom Italia sind von Kursabstürzen betroffen.

Die Aktie der niederländische KPN etwa hat innerhalb eines Jahres sogar 84 Prozent an Wert verloren. Selbst das Vorzeigeunternehmen der Branche, die britische Vodafone, hat Federn lassen müssen. Am Montag rutschte das Papier sogar auf ein Jahrestief, während sich die T-Aktie wieder etwas berappelte. Binnen eines Jahres halbierte sich das Vodafone-Aktienvermögen – trotz eines vergleichsweise niedrigen Schuldenstandes und den besten Noten von Rating-Agenturen. Ein Rücktritt von Vodafone-Chef Chris Gent hat indes niemand gefordert.

Einer Übertreibung nach oben folge die Übertreibung nach unten, sind sich die Analysten einig. Ob die T-Aktie inzwischen einen Boden erreicht hat, darauf wollen sie sich nicht festlegen. So will Jörg Natrop von der Düsseldorfer WGZ-Bank ein weiteres Abrutschen des Kurses nicht ausschließen. Doch er empfiehlt jedem Privatanleger, T-Aktien jetzt nicht zu verkaufen. "Mit Sicherheit wird die Telekom in Europa künftig zu den drei, vier großen Spielern gehören", sagt der Telekommunikationsexperte der Bank.

Dass die Telekom ihren Schuldenstand (56 Milliarden Euro) reduzieren muss, weiß auch Vorstandschef Sommer. Abbauen könnte er die Schulden in diesem Jahr unter anderem mit Erträgen aus dem weiteren Verkauf von Anteilen an TV-Kabelgesellschaften, von Immobilien sowie der Beteiligung an der US-Firma Sprint. Schon im vergangenen Jahr hatte der Konzern aus Verkäufen und Börsengängen mehr als zehn Milliarden Euro erlöst. Ursache des hohen Schuldenstandes ist die von Experten immer wieder geforderte Internationalisierung des Konzerns: Und so werden hohe Kaufpreise und Anlaufverluste bei VoiceStream einerseits sowie Firmenwertabschreibungen andererseits die Bilanz über Jahre belasten. Trotzdem ist der Kauf für Aktionärsvertreter ein richtiger Schritt: Die Telekom müsse die Übernahme unbedingt durchziehen, um vom "local hero" zu einem globalen Unternehmen zu werden, heißt es etwa bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Obwohl der Kurs mit gut 27 Euro derzeit deutlich unter der magischen Grenze von 33 Euro liegt, sieht Hallmann die Übernahme von VoiceStream nicht als gefährdet an. Das Vertragswerk sieht vor, dass die Aktionäre nachverhandeln oder aussteigen können, wenn dieser Wert kurz vor Abschluss der Transaktion unterschritten wird. Doch bei einem Ausstieg folgt mit Sicherheit der Absturz der VoiceStream-Aktie, ist sich Hallmann sicher. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)