TKG-Novelle: Schwarz-Rot streitet ĂĽber Wegfall des Nebenkostenprivilegs

Die CDU will die Umlagefähigkeit des Kabelanschlusses im Haus streichen, die SPD ist dagegen. Linke und Grüne wollen stärkeren Anspruch auf schnelles Netz.

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(Bild: EFKS/Shutterstock.com)

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Das Vorhaben der Bundesregierung, mit der von ihr auf den Weg gebrachten Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) das sogenannte Nebenkostenprivileg schon bald zu streichen, entzweit die große Koalition. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Axel Knoerig lobte diesen Ansatz am Freitag bei der 1. Lesung der Gesetzesinitiative im Bundestag lautstark: Indem die Umlagefähigkeit der Gebühren für den Kabelanschluss "unten im Haus" wegfalle, könnten 12 Millionen Mieter "künftig selbst wählen, wie schnell sie im Internet unterwegs sind".

"Wir halten die Streichung des Nebenkostenprivilegs fĂĽr falsch", betonte dagegen Bernhard Daldrup, Sprecher der SPD-Fraktion im Ausschuss fĂĽr Bau und Wohnen. Die Wohnungswirtschaft sei ein "unverzichtbarer Partner" beim Anschluss von Glasfasernetzen auch im Bestand, nicht nur bei Neubauten. Sie brauche dafĂĽr Investitionssicherheit. Die Politik dĂĽrfe daher die "TĂĽr nicht von vornherein zuschlagen".

Der Regierungsplan sei auch "sozial fragwürdig", meinte Daldrup. Viele Mieter müssten damit "zu Einzelverträgen umswitchen", was zu einer Mehrbelastung in Millionenhöhe führen würde. Hier sei Solidarität gefragt, auch die "Versorgung von Transferleistungsempfängern" müsse beachtet werden. Der Sozialdemokrat verwies auf eine gemeinsame Position von Mieter- und Wohnungsverbänden. Demnach solle das Nebenkostenprivileg zumindest noch für mehrere Jahre erhalten bleiben, parallel aber als Kompromiss ein Kündigungsrecht für einen "individuellen Ausstieg" eingeführt werden.

Das geplante Aus für die Umlagefähigkeit von "In-House-Verlegung" sei "noch nicht der Weisheit letzter Schluss", unterstützte Falko Mohrs, SPD-Mitglied in den Ausschüssen für Wirtschaft und digitale Agenda, seinen Parteikollegen. Generell haben die Regierungsfraktionen ihm zufolge bei dem mehrere hundert Seiten umfassenden Dossier noch eine Menge Arbeit vor sich, obwohl die Zeit dafür knapp sei und die Exekutive deutlich später geliefert habe, "als wir es gebraucht hätten".

Fragezeichen setzte Mohrs auch hinter die vorgesehenen Regeln zur Frequenzvergabe für den Mobilfunk. Hier müsse die Koalition sich noch entscheiden, ob sie weiter über Auktionen in erster Linie auf staatliche Einnahmen schauen oder den flächendeckenden Netzausbau vorantreiben wolle. Funktionierende, hochleistungsfähige Telekommunikationsnetze stellten das "Nervensystem der Gesellschaft" dar. Da könne es nicht sein, dass junge Leute Referate teils noch im Schnee halten müssten, weil die Bandbreite bei ihnen zuhause nicht ausreiche. Es gelte daher auch, den Einsatz neuer Verlegemethoden wie Trenching zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen.

"Wir brauchen mehr Tempo beim Transport von Daten und beim Umbau der Netze", ging Knoerig hier mit dem Koalitionspartner konform. Wie der Breitbandausbau bisher vorangekommen sei, "entspricht nicht meiner Vorstellung von einem Land, das Weltmeister bei digitalen Innovationen sein soll". Der Christdemokrat forderte, die "2-Klassen-Gesellschaft beim Netzausbau" zu beenden und "5G an jeder Milchkanne" sowie für Schweineställe oder Biogasanlagen verfügbar zu machen.

Die Regierungsvorlage bildet dafür laut Knoerig eine gute Basis: "Wir stärken den Wettbewerb", versicherte der Niedersachse, "schaffen Rechts- und Planungssicherheit" und "schließen die Funklöcher". Die CDU/CSU-Fraktion wolle aber noch genau hinschauen, "wie wir das lokale Roaming" und Infrastruktur-Sharing ausgestalten.

"Was wir erreicht haben, ist gut, aber noch nicht gut genug", erklärte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Schnelle Anschlüsse seien im vorigen Jahr bei einem Plus von 64 Prozent auf 23 Millionen gewachsen. Bis 2025 sollten nun Gigabit und 5G flächendeckend verfügbar sein. Die Novelle werden helfen, einen "großen Sprung für die digitale Infrastruktur" zu machen. Helfen könne etwa ein neues Mitnutzungsrecht bei Bushaltestellen oder Litfaßsäulen für kleine 5G-Zellen. Kommunen könnten Ausbauzusagen künftig zudem verbindlich fixieren.

Die Opposition überzeugen der Regierungsplan nicht. Der Entwurf enthalte zu viele Bonbons für die Deutsche Telekom, monierte Reinhard Houben (FDP). So habe diese beim Wegfall des Nebenkostenprivilegs genauso "massiv Lobbying geleistet" wie beim Streichen der Pflicht zur Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen in Form von Telefonbüchern. Zu weit geht dem Liberalen das geplante Recht auf schnelles Internet. Wer diesen Universaldienst zu weit fasse, "läuft Gefahr, das wir als öffentliche Hand mitfinanzieren müssen". Die FDP plädiere daher für Gigabitgutscheine für alle Bürger.

Der vorgesehene Rechtsanspruch sei notwendig, hielt Anke Domscheit-Berg für die Linke dagegen. Nicht nur in Brandenburg verzweifelten Eltern derzeit während der Corona-Krise, weil ihre Kinder nicht digital lernen könnten. Während Kanzlerin Angela Merkel (CDU) früher aber noch Anschlüsse mit 1 GBit/s für alle bis 2025 versprochen habe, wisse nun keiner mehr, welche Leistung konkret mit dem Recht verknüpft werde.

Die für Standardanwendungen nötige Bandbreite soll laut dem Entwurf die Bundesnetzagentur festlegen und dabei den Durchschnitt der genutzten Bandbreite von "mindestens 80 Prozent der Verbraucher im Bundesgebiet" heranziehen. Für Domscheit-Berg zeigt sich die Regierung mit dieser verklausulierten Beschreibung ohne Angaben zu Down- oder Upload-Geschwindigkeiten "zu feige, eine eigene Marke zu setzen".

Als "richtig gruselig" beschrieb die Linke, dass auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seinen Fußabdruck in der Vorlage hinterlassen habe: "Die Vorratsdatenspeicherung steht wieder drin." Dies sei angesichts der europäischen Rechtsprechung "völlig merkbefreit oder schlicht frech". Ferner müssten Messenger-Dienste und E-Mail-Provider Überwachungsinfrastrukturen installieren, sodass "sichere elektronische Kommunikation" aussterben werde.

Die Grüne Margit Stumpp sah ebenfalls Defizite bei der Datensicherheit und beim Verbraucherschutz, rieb sich aber auch vor allem am Schmalspuranspruch auf "schnelles" Internet. Die Regierung orientiere sich aber am Minimum, das die EU "gerade noch so zulässt". Maßstab sei "die Mail, die sich mühsam durchs Kupfer schleicht". Hier müsse deutlich nachgelegt werden.

Die Koalition sollte einfach reinschreiben: Jeder Neuanschluss müsse heute mindestens 500 MBit/s und in drei Jahren 1 GBit/s betragen, riet Jörn König (AfD). Zugleich kritisierte er, dass sich die Regierung bei den Funktionen für ein Netz mit sehr hoher Kapazität zunächst nur auf Glasfaser beziehe: "Das geht auch mit Kupfer, Satellit oder Richtfunk."

Parallel haben sich die Breitbandallianzen Breko und Buglas sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in die Auseinandersetzung um das Nebenkostenprivileg eingebracht. Sie machen sich dafür stark, dass eine modernisierte Umlagefähigkeit der Betriebskosten für Breitbandanschlüsse auf die Mieterkosten "ausschließlich auf den Ausbau von Glasfaseranschlüssen abstellen" und an einen offenen Netzzugang (Open Access) geknüpft werden sollte. Dies wäre eine "Win-Win-Situation für Mieter und Vermieter".

(bme)