Tauziehen um Breitbandausbau

Die Bundesregierung hat den Breitbandausbau zur Chefsache gemacht. Die maßgeblich Beteiligten aus Politik und Industrie streiten noch über Kosten und Regulierungsfragen.

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Die ambitionierte Breitbandstrategie der Bundesregierung, bis 2014 Bandbreiten von mindestens 50 MBit/s bei drei Vierteln der deutschen Haushalte anzulegen, wirft für Industrie und Politik im Wesentlichen zwei Fragen auf: Wer stemmt die enormen Investitionen in neue Glasfasernetze, und wie verhält sich der Regulierer? Darüber diskutierten Branchenvertreter auf der Jahrestagung Telekommarkt Europa am heutigen Mittwoch in Düsseldorf.

Vor zu großen Erwartungen an das Breitbandprojekt der Bundesregierung warnte zum Auftakt Chefregulierer Matthias Kurth. Die Bundesnetzagentur werde Merkels Breitbandstrategie flankieren, sagte Kurth, mahnte aber gleichzeitig, das Thema nicht zu ehrgeizig anzugehen. "Am Ende des Tages werden wir nicht Glasfaser bis auf die letzte Alm bringen." Dennoch sei Deutschland bisher mit Breitband ganz gut versorgt. Diesen Erfolg schreibt der Präsident der Bundesnetzagentur zu einem guten Teil seiner Behörde zu.

An der in den vergangenen Jahren auf 8,4 Millionen (Stand 2008) stark gestiegene Zahl der vermieteten Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) misst Kurth den Erfolg der Regulierungsarbeit, die nun auch für neue Glasfasernetze Impulse setzen und den nötigen Infrastrukturausbau anregen will. Als klares Ziel der Regulierungsarbeit formuliert Kurth, Investitionsanreize zu setzen. So denkt die Bundesnetzagentur auch über längere Geltungszeiträume für Regulierungsentscheidungen nach, um den Unternehmen mehr Planungssicherheit zu geben.

Ausdrücklich begrüßte der Chefregulierer Kooperationen für den Ausbau lokaler Netze, sei es zwischen der Telekom und einem Wettbewerber oder einem regionalen Anbieter und öffentlichen Trägern. Diese Kooperationsmodelle werden auch von der Branche als ein Mittel zum schnellen Breitbandausbau gesehen. Der Bundesnetzagentur liegt bisher ein konkreter Vertrag vor, sagte Kurth. Die Telekom und Vodafone wollen beim VDSL-Ausbau in Würzburg und Heilbronn zusammenarbeiten. Diese Formen der Zusammenarbeit sind politisch gewollt, gestritten wird noch über die Frage, wie oder ob überhaupt die gemeinschaftlich ausgebauten Netze reguliert werden.

Dazu gibt es seit der vergangenen Woche die Neufassung einer erstmals im vergangenen Herbst zur Debatte gestellten Empfehlung der EU-Kommission, derzufolge Unternehmen in solchen Partnerschaftsmodellen etwa von der Verpflichtung entbunden werden sollen, weiteren Konkurrenten Zugang zum Netz auf Basis der tatsächlichen Kosten zu gewähren. Branchenvertreter fürchten, dass die EU-Kommission damit neue "Duopole" züchtet. Der Glasfaserausbau dürfe nicht dazu führen, dass "viele kleine Regionalmonopole" entstehen, warnte in Düsseldorf auch Jürgen Grützner vom Verband der alternativen Telekommunkationsanbieter (VATM).

Ein neues Regulierungsregime für die Netze der Zukunft forderte auch Timotheus Höttges. Der Telekom-Finanzchef mahnte, eine den künftig erforderlichen Bandbreiten gerechtwerdende Infrastruktur sei in vielen Regionen außerhalb der Ballungsräume angesichts des harten Preiswettbewerbs nicht finanzierbar. Auch die Speckgürtel hätten Raum für nur ein oder zwei Netzbetreiber. Die Regulierung müsse dem Rechnung tragen.

Für den Zugang zum VDSL-Netz will Höttges bis Mitte Juli eine freiwillige Lösung mit den Wettbewerbern hinbekommen. Die Telekom will dann reine Zugangsprodukte ohne IPTV auf dem Netz anbieten und würde dann unter die Regulierung fallen. Höttges sprach sich gegen die von 1&1 erhobene Forderung nach einer Regulierung der aufstrebenden TV-Kabelnetze aus. Wo Infrastrukturwettbewerb wirksam sei, sollte weniger Regulierung herrschen, nicht mehr.

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(vbr)