Tele.ring plant Angriff auf das Festnetz mit HSDPA

Langfristig können 10 bis 15 Prozent aller privaten Internetanschlüsse durch die UMTS-Erweiterung High Speed Download Packet Access substituiert werden, glaubt der Chef des österreichischen Mobilfunkbetreibers.

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Einen zweiten Angriff auf die Anbieter von Festnetzanschlüssen plant der österreichische Mobilfunk-Netzbetreiber tele.ring für das zweite Quartal 2006. Mit niedrigen Tarifen für mobile Sprachtelefonie (1 Cent ins Festnetz, 1 Cent netzintern) hat der Anbieter bereits viele Kunden dazu bewogen, ihren Festnetzanschluss abzumelden. Tele.ring ist mit 968.243 Mobilfunkkunden (per 30. Juni 2005) der viertgrößte Mobilfunker Österreichs. Die UMTS-Weiterentwicklung HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) soll drahtlose Datenübertragung so günstig und flott machen, dass noch mehr Kunden ihre Festnetz- und auch ihre fixen Breitbandanschlüsse aufgeben. Poweruser sind jedoch nicht die primäre Zielgruppe; vielmehr sollen Pakete für die monatliche Übertragung dreistelliger MByte-Pakete zu Preisen, die gleichartigen ADSL-Tarifen entsprechen, auf den Markt gebracht werden. Neben technischen Maßnahmen sind dafür auch neue Marketingkonzepte erforderlich.

Bereits vor dem UMTS-Start hatte tele.ring-Chef Michael Krammer angekündigt, in die Dial-Up-Substitution einsteigen zu wollen -- also Internet-User weg vom Wählleitungs-Modem hin zum Mobilfunk-Modem zu bewegen. Ein Plan, der keine Umsetzung erfahren hat. "Die UMTS-Technologie war noch nicht reif. Einerseits sind die Ping-Zeiten (Latenz) zu lang, andererseits reichen die Kapazitäten für große Datenmengen nicht aus", sagte Krammer zu heise online, "Wenn drei Kunden in einer Zelle ansaugen, ist sie ausgelastet. UMTS nutzen wir vor allem, um in den Ballungsräumen unsere Produktionskosten für Sprachtelefonie zu senken."

Langfristig können 10 bis 15 Prozent aller privaten Internetanschlüsse durch HSDPA substituiert werden, glaubt Krammer. Sein Unternehmen wolle im ersten Jahr 20.000 Datenkarten für Laptops verkaufen. Tele.ring sei in einer bessern Ausgangsposition, als die ebenfalls mit HSDPA planende Konkurrenz: "Gut 40 Prozent unserer Mobilfunkkunden (Postpaid) haben zu Hause kein Festnetztelefon mehr." Im Gesamtmarkt läge dieser Wert bei 13 Prozent. Ebenfalls als Vorteil interpretiert der Manager ein anderes Ergebnis der Marktforschung: Tendenziell haben tele.ring-Kunden mehr Breitbandanschlüsse als Nutzer anderer Mobilfunknetze. "Es ist leichter, ein Produkt, das im Haushaltsbudget schon vorgesehen ist, zu substituieren, als etwas ganz Neues zu verkaufen." Mit diesem Problem hätten etwa die Anbieter mobiler Multimediadienste zu kämpfen.

Die Partner zur technischen Umsetzung des Planes hat der viertgrößte Netzbetreiber Österreichs schon gefunden. Alcatel hat bereits mit dem Upgrade der Glasfaserleitungen zu den einzelnen Sendestationen begonnen und wird um die Jahreswende mit den notwendigen Software-Updates im tele.ring-Netz beginnen. Nur bei einzelnen Basisstationen sei zusätzliche Hardware zur Erhöhung der Rechenkapazität erforderlich. Die HSDPA-Datenkarten für die Enduser werden von Novatel Wireless, Lieferant der UMTS-Modems von O2 Deutschland, kommen. Am Marketing-Konzept wird bei tele.ring noch gefeilt. Wichtig sei regionales Marketing dort, wo "deep indoor"-Versorgung mit HSDPA gegeben sein wird. "TV-Werbespots sind dafür nicht das beste Mittel. "

Für klassisches Internetsurfen werden viele kleine Dateien abgerufen. Daher sind die erreichbaren Maximalgeschwindigkeiten weniger relevant als die Dauer bis zum Start des Datentransfers. Als Messwert dienen Ping-Zeiten. Mussten Nutzer bei GPRS noch 400 bis 1000 Millisekunden warten, sind es mit UMTS 180 bis 300 ms. HSDPA soll diesen Wert auf 85 bis 100 ms reduzieren. Aber auch größere Downloads werden wesentlich beschleunigt: Bis zu 1,8 MBit/s sind in der ersten HSDPA-Version real möglich (T-Mobile will in Deutschland diese erste Ausbaustufe zur CeBIT 2006 kommerziell anbieten); UMTS bietet maximal 384 kBit/s. Hinzu kommt bei HSDPA eine wesentlich höhere Kapazität: Laut Alcatel können pro Zelle 50 Nutzer mit jeweils 550 kBit/s beliefert werden. (Daniel AJ Sokolov) (jk)