Telefonica will O2 übernehmen [2. Update]

17,7 Milliarden Pfund will sich der spanische Telekommunikationskonzern den auch in Deutschland vertretenen britischen Mobilfunkbetreiber kosten lassen. Das Management von O2 hat dem Angebot bereits zugestimmt.

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Von
  • dpa

Der spanische Telekommunikationskonzern Telefonica will seinen britischen Konkurrenten O2 übernehmen. Je Aktie würden 200 Pence oder insgesamt 17,7 Milliarden britische Pfund (rund 26,1 Milliarden Euro) geboten, teilten die beiden Unternehmen laut dpa am Montag in Madrid und London mit. Das Management von O2 stimme der Transaktion zu und wolle seine eigenen Aktien an Telefonica verkaufen. Die Offerte sei "fair und angemessen". Zusammen kommen die beiden Unternehmen auf 116 Millionen Mobilfunkkunden.

Die Marke O2 solle erhalten bleiben, erklärten beide Unternehmen. Telefonica ist in Deutschland bislang als Datencarrier für Partnerunternehmen, unter anderem auch für AOL und Freenet.de, aktiv. Nach dem glücklosen Versuch, über das UMTS-Jointventure Quam mit Sonera in Deutschland Fuß zu fassen, käme Telefonica mit der Übernahme von O2 auch hierzulande in den Besitz eines wichtigen Anteils am Mobilfunkmarkt. Eine Übernahme durch Telefonica würde O2 Deutschland auch den Einstieg in den Markt für DSL-Anschlüsse bei Privatkunden erleichtern, den das Unternehmen angeblich plant.

[Update]:
Um O2 rankten sich in den vergangenen Monaten wiederholt Übernahmegerüchte. So prüften bereits die Deutsche Telekom und KPN einen Kauf des Unternehmens. Die Telekom hatte nach früheren Angaben aus Branchenkreisen ebenfalls mit Telefonica einen gemeinschaftlichen Kauf von O2 erwogen, dieses aber verworfen. O2 gilt mit einem Kundenbestand von 24,6 Millionen als zu klein, um auf dem europäischen Mobilfunkmarkt alleine bestehen zu können. Laut einem dpa-Bericht hatte die Telekom für den Fall eines neuen Angebots eines Konkurrenten für O2 nicht ausgeschlossen, eine Offerte für O2 abzugeben.

O2, das aus einer Abspaltung von der BT Group (früher British Telecom) entstand, ist neben Großbritannien in Deutschland und Irland aktiv. Telefonica übernahm in diesem Jahr bereits Cesky Telecom und eine Reihe von lateinamerikanischen Mobilfunkfirmen und baute damit sein Mobilfunkgeschäft aus. Durch den Zusammenschluss kämen zwei schnell wachsende Unternehmen zusammen, die sich geografisch gut ergänzten, sagte O2-Chef Peter Erskine, der O2 weiterhin führen soll.

[2. Update]:
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Telefonica irgendwo in Europa zuschlug. Anfang Oktober schon sickerte durch, dass der stille Riese aus Madrid die niederländische KPN für 24 Milliarden Euro übernehmen wollte, jetzt legten die Spanien nochmal zwei Milliarden drauf und schlucken den britischen Mobilfunkbetreiber O2. Die aggressive Kauflaune zeugt davon, wie gut Telefonica unter ihrem Chef César Alierta das Platzen der Internet-Blase vor fünf Jahren verkraftet und den Wandel zu einer Geldmaschine geschafft hat.

Alierta nahm vor zwei Jahren den bei allen Telekom-Konzernen schrumpfenden Festnetzbereich ins Visier und leitete den Abbau von bis zu 15.000 Stellen – damals etwa jeder zehnte Arbeitsplatz – bis zum Jahr 2008 ein. Die Milliardenschulden durch die Zukäufe der Vorjahre wurden abgebaut, das Geschäft auf die Wachstumsgebiete Mobilfunk und Breitband ausgerichtet.

So wurde aus einem Rekordverlust von 5,6 Milliarden Euro im Jahr 2002 – vor allem durch das Scheitern des UMTS-Abenteuers in Deutschland, der Sanierung der Internet-Tochter Terra Lycos und die Argentinien-Krise – im vergangenen Jahr ein Rekordgewinn von 2,9 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2005 sprang der Überschuss bereits um ein Viertel auf 1,8 Milliarden Euro hoch, während die Umsätze um 20 Prozent auf 17,36 Milliarden Euro stiegen. Zum Vergleich: Der europäische Branchenprimus Deutsche Telekom schaffte bei einem Halbjahres-Umsatz von 29,1 Milliarden Euro nur 1,95 Milliarden Euro Gewinn.

Telefonica ist nach Börsenkapitalisierung bereits das drittgrößte Telekom-Unternehmen der Welt hinter Vodafone und Verizon, hatte aber bisher ein geografisches Problem: Rund die Hälfte der Umsätze im lukrativen Mobilfunk-Geschäft (927,8 Millionen Euro Gewinn bei 4,29 Milliarden Euro Umsatz im ersten Halbjahr) kam bisher aus Spanien. Daneben gab es noch eine starke Präsenz in Lateinamerika, wo gut zwei Drittel der insgesamt 90 Millionen Mobilfunkkunden wohnen, und dann war mit Ausnahme von Mini-Märkten wie Marokko oder Tschechien auch schon Schluss auf der Telefonica-Weltkarte. Mit O2 stößt das Unternehmen nun vor allem in die großen europäischen Märkte Großbritannien und Deutschland vor.

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(dpa) / (jk)