Telegram in Spanien wegen Urheberrechtsverletzungen blockiert
Weil sich Medienunternehmen ĂĽber Urheberrechtsverletzungen in dem Chat-Dienst beschwerten, hat ein hohes Gericht nun eine Blockade verfĂĽgt.
- Andreas Wilkens
- mit Material der dpa
Der Nationale Gerichtshof in Madrid hat einstweilig die vorläufige Sperrung des Kurzmitteilungsdienstes Telegram in Spanien angeordnet. Die Medienunternehmen Mediaset, Atresmedia und Moviestar Plus hatten gegen Telegram wegen Verletzung von Vorschriften zum Schutz des Urheberrechts geklagt, teilte die Justiz in Madrid mit. Telegram war von Spanien aus jedoch zunächst noch weiter zu erreichen.
VerbraucherschĂĽtzer in Spanien, wo es mehrere Millionen Telegram-Nutzer gibt, kritisierten die MaĂźnahme als unverhältnismäßig. Der Berufsverband fĂĽr Computertechnik Consejo General de Colegios Profesionales de IngenierĂa kritisierte die Anordnung als "ĂĽberraschend", zumal Ermittlungen zu Drogenhandel, Terrorismus oder Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch auf Instagram bisher nicht dazu gefĂĽhrt hätten, die Anwendung zu blockieren. Ländersperren lassen sich jedoch per VPN umgehen.
Vergebliches Ersuchen um Amtshilfe
Richter Santiago Pedraz hat nach Angaben des Gerichts die Behörden der britischen Jungferninseln in der Karibik, wo Telegram registriert ist, wiederholt um Amtshilfe ersucht. Jedoch hätten die dortigen Behörden nicht kooperiert bei der Klärung der Identität der Inhaber von Telegram-Konten, von denen aus urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreitet worden seien. Die vorläufige Sperrung des gesamten Telegramdienstes sei deshalb aus Sicht des Richters "notwendig, geeignet und verhältnismäßig", betonte das Gericht.
Die Zeitung El PaĂs schrieb, Telegram verweigere regelmäßig AuskĂĽnfte an Behörden. Da der Dienst die Identität seiner Nutzer mehr schĂĽtze als etwa die größere Konkurrenz von WhatsApp, werde er von Regimegegnern in Diktaturen wie Russland oder dem Iran bevorzugt. Aber es gebe deshalb auf Telegram auch Kanäle mit kriminellen oder extremistischen Inhalten. Bei der angeordneten Blockade gehe es neben dem Schutz von Urheberrechten vor allem auch um einen Konflikt zwischen dem Richter eines Rechtsstaates und einem Privatunternehmen und um die Abwägung zwischen Anonymität und Straflosigkeit im Internet.
In Deutschland hatte Bundesinnenministerin Nancy Faser vor zwei Jahren ins Spiel gebracht, Telegram abzuschalten. Der Chat-Dienst werde besonders häufig von Rechtsextremisten und Verschwörungsgläubigen zur Mobilisierung genutzt. In einem Interview mit der Zeit forderte Faeser seinerzeit darum eine schnellere Sanktionierung von Fehlverhalten. Offenbar reagierte Telegram auf deutsche Anliegen und übergab dem Bundeskriminalamt im Laufe des Jahres 2022 Nutzerdaten für Ermittlungszwecke.
(anw)