Telekom soll Kontodaten ausspioniert haben

Die Deutsche Telekom soll seit 2001 über mehrere Jahre Kontobewegungen von Mitarbeitern, deren Angehörigen und von Dritten ausspioniert haben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 90 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Telekom hat laut einem Zeitungsbericht nicht nur Aufsichtsräte und Journalisten durchleuchtet, sondern auch Konten von Mitarbeitern, deren Angehörigen und Dritten. Das geht laut einem Bericht des Handelsblatts aus internen Telekom-Unterlagen und Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft hervor, die der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegen. Betroffen sind demnach unter anderem Konten der Deutschen Bank, der Postbank und der Hypo-Vereinsbank sowie ausländische Institute. Die Telekom soll seit 2001 über mehrere Jahre Kontobewegungen ausspioniert haben. Allein im Jahr 2005 könnte es mindestens 67 Kontoüberprüfungen gegeben haben.

Das Handelsblatt und das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatten am Wochenende unter Berufung auf Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft berichtet, dass die ehemalige Telekom-Spitze von Bespitzelungen im eigenen Haus deutlich früher gewusst habe als bisher bekannt. Demnach waren der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel und Ex-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke bereits im Herbst 2005 darüber im Bilde, dass die Konzernsicherheit auf der Suche nach Informationslecks Verbindungsdaten im Mobilfunk gespeichert und illegal ausgewertet hat. Vor einem Jahr war die Bespitzelungsaffäre bekannt geworden. Ricke ließ dazu am Wochenende erklären, dass er nie von illegalen Praktiken gewusst habe.

Die Staatsanwaltschaft Bonn wollte sich zu dem Bericht auf Anfrage nicht äußern. Ein Telekom-Sprecher sagte der dpa: "Wir können diesen Vorwurf nicht kommentieren, begrüßen aber die umfassende Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft."

Spiegel und Handelsblatt verweisen auf die Zeugenaussage eines Düsseldorfer Rechtsanwalts, der die Telekom 2005 juristisch beraten habe. Damals hätten Zumwinkel und Ricke das Aufsichtsratsmitglied Wilhelm Wegner überführen wollen, der ihrer Ansicht nach die Presse mit Informationen aus dem Kontrollgremium versorgte. In mehreren Gesprächen will der Jurist mit Zumwinkel und Ricke darüber gesprochen haben, dass in diesem Zusammenhang auch Verbindungsdaten verwendet worden seien. Dabei sei möglicherweise ein Kontakt zwischen einem Journalisten und dem Telekom-Konzern-Betriebsrat nachgewiesen worden.

Weder Zumwinkel noch Ricke, heißt es laut den Vorabberichten in der Aussage des Anwalts, hätten irgendein Unrechtsbewusstsein über die Erhebung der Verbindungsdaten gezeigt. Es sei sogar erwogen worden, den Konzern-Betriebsrat mit den gespeicherten Nummern unter Druck zu setzen.

Ein Sprecher von Ricke sagte der dpa zu dem Bericht: "Herr Ricke hat im Januar 2005 dem damaligen Chef der Konzernsicherheit den Auftrag gegeben, Vorschläge zu erarbeiten, wie das Unternehmen gegen die andauernden Indiskretionen aus dem Aufsichtsrat geschützt werden könne. Zu keinem Zeitpunkt hat Herr Ricke es auch nur für möglich gehalten, erfahren, geduldet oder gar initiiert, dass bei der Erfüllung des Auftrags illegale Methoden angewendet würden."

Die Lufthansa wies unterdessen Angaben des Spiegel über angebliche illegale Daten-Transfers zwischen der Deutschen Telekom und der Fluglinie entschieden zurück. "Da ist überhaupt nichts dran", sagte ein Sprecher der dpa. Laut dem Bericht soll die Telekom im Jahr 2000 Verbindungsdaten an die Lufthansa geliefert haben, mit denen ein Kontakt zwischen einem Aufsichtsrat der Fluggesellschaft und einem Journalisten belegt werden sollte. Das zeigten Unterlagen der Vernehmung eines Telekom-Beschäftigten. "Das weisen wir weit von uns", betonte der Lufthansa-Sprecher. "Wir haben Telekommunikationsdaten weder angefordert noch erhalten."

Nach Indiskretionen aus Aufsichtsratspapieren habe die Lufthansa den Kreis der Verdächtigen anhand von Flugdaten eingegrenzt, sagte der Sprecher. Dann habe ein Aufsichtsrat das Unternehmen verlassen und sei weiteren Ermittlungen zuvorgekommen. Der Datenschutzbeauftragte Nordrhein-Westfalens habe das Vorgehen als völlig legal eingestuft.

Siehe dazu auch:

(anw)