Telekom und ver.di einigen sich über Stellenumbau [2. Update]

Die 50.000 Mitarbeiter, die in die Service-Gesellschaft T-Service ausgelagert werden, sollen künftig 38 Wochenstunden arbeiten; das Gehalt sinkt um 6,5 Prozent. Bis 2012 soll es keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nach monatelangen Auseinandersetzungen und einem mehrwöchigen Streik haben die Deutsche Telekom und die Gewerkschaft ver.di ihren Streit über den massiven Stellenumbau in dem Konzern beigelegt. Bei den Verhandlungen einigten sich die Tarifpartner auf eine Kompromisslösung. Das Einkommensniveau sinke um 6,5 Prozent, sagte ver.di- Verhandlungsführer Lothar Schröder am Mittwochmorgen laut dpa. Zugleich werde die 38-Stunden-Woche eingeführt; bislang galt für die betroffenen Mitarbeiter eine Wochenarbeitszeit von 34 Stunden. Der Samstag solle zudem als normaler Arbeitstag zu einem Kundendiensttag werden. Bis Ende 2012 werde es zudem keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Die Telekom möchte 50.000 Mitarbeiter bereits im kommenden Juli in Service-Gesellschaften unter dem Dach von T-Service auslagern; der Konzern will dadurch Kosten in Höhe von 500 bis 900 Millionen einsparen. Erklärtes Ziel von Telekom-Chef René Obermann ist es gleichzeitig, den Service des Unternehmens zu verbessern. Am Nachmittag tritt in Köln die Große Tarifkommission von ver.di zusammen, um über die erzielte Lösung zu beraten. Abschließend werden die ver.di-Mitglieder in der kommenden Woche in einer Urabstimmung befragt.

Für die Telekom bedeuteten der Konzernumbau und die Verlagerung von Mitarbeitern in T-Service von Anfang an auch, dass diese Beschäftigten weniger verdienen, aber länger arbeiten sollten. Ursprünglich hatte die Telekom vor, die Arbeitszeit bei T-Service von 34 auf 38 Stunden zu verlängern und gleichzeitig die Gehälter um 12 Prozent zu kürzen. Dies war für die Gewerkschaft ver.di unannehmbar, der es aber gleichzeitig auch darauf ankam, einen Tarifvertrag für die neue Gesellschaft T-Service zu sichern. Anfänglich unvereinbare Positionen führten dann zum größten Arbeitskonflikt bei der Telekom seit ihrer Privatisierung im Jahr 1995. Seit mehr als fünf Wochen streikten täglich bis zu 16.000 betroffene Telekom-Mitarbeiter gegen den Stellenumbau. Die Arbeitsniederlegungen wurden inzwischen heruntergefahren und sollen an diesem Freitag ganz eingestellt werden.

[Update]:
Der Kurs der Telekom-Aktie reagierte an der Frankfurter Börse direkt nach Bekantwerden der Einigung zwischen Telekom und ver.di mit einem Kurssprung: Er erreichte zwischenzeitlich fast 14 Euro und lag gegen 10 Uhr am Vormittag mit 1,24 Prozent im Plus bei 13,93 Euro.

Die Telekom kommentierte die Einigung inzwischen, man liege mit dem Ergebnis der Tarifverhandlungen "gut im Zielkorridor der geplanten Einsparungen von 0,5 bis 0,9 Milliarden Euro im Jahr 2010". Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger meinte: "Wenn die verdi-Mitglieder dem Kompromiss zustimmen, erreichen wir wettbewerbsfähigere Kostenstrukturen, fördern die Servicekultur im Unter­nehmen und sichern so dauerhaft Arbeitsplätze im Service."

Die Gewerkschaft ver.di betonte, dass das bisherige Gehalt der Beschäftigten erhalten worden sei, das Einkommensniveau in den neuen Gesellschaften jedoch um 6,5 Prozent abgesenkt werde: "Die Entgeltsicherung wird mit einem arbeitgeberseitigen 'Rucksack', der Gegenrechnung von Teilen künftiger Tarifrunden und mit Abschlagszahlungen realisiert", hieß es bei ver.di.

Die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 38 Stunden nannte ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder "bitter", aber sie führe nicht zu Personalabbau, sondern zur Senkung der Fremdvergabe und zu Qualifizierungsansprüchen der Beschäftigten. "Die Beschäftigten haben dem Unternehmen mit ihrem Streik weitreichende Zugeständnisse abringen können. Die Einkommen sind auf dem bisherigen Niveau gesichert, ein verlängerter Kündigungsschutz sorgt für Perspektive. Gleichzeitig sollen mehr als 4.000 Auszubildende eingestellt werden. Mit diesem Kompromiss können wir leben", betonte Schröder.

[2. Update]
Der Samstag soll zudem laut dem Telekom-Personalvorstand als normaler Arbeitstag zu einem Kundendiensttag werden. ver.di-Verhandlungsführer Schröder präzisierte zudem, dass die Einkommenseinbußen in den ersten 18 Monaten durch einen Ausgleichsfonds zu 100 Prozent abgefedert werden sollen. Diese Zahlungen sollen dann bis Ende 2010 schrittweise auf zwei Drittel abgesenkt und ab 2011 ganz entfallen.

Siehe zum Arbeitskonflikt bei der Telekom auch die Linkliste zu Artikeln und Nachrichten in c't-Hintergrund:

(jk)