Thüringer Verfassungsschutzchef: "TikTok wie ein Trojaner"

In den USA wird derzeit über ein Verbot der Plattform TikTok diskutiert. Auch Thüringens Verfassungsschutzchef warnt vor der App. Verbote sieht er kritisch.

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App-Icons Wechats und Tiktoks auf einem Handybildschirm, dahinter die Flagge der Volksrepulik China

(Bild: Boumen Japet / shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Nico Ernst
  • mit Material der dpa

Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer warnt vor dem sozialen Netzwerk Tiktok. "Tiktok funktioniert wie ein Trojaner", sagte Kramer dem Handelsblatt. Es lese Kontakte aus dem Adressbuch der Nutzer aus und könne Eingaben auf der Tastatur mitlesen. Außerdem erkenne die App, welche Videos wie lange geschaut werden.

Tiktok zeige einem dann weitere Videos, die der Algorithmus als relevant ansehe. "Damit steuert Tiktok beziehungsweise der Betreiber China, was die Konsumenten zu sehen kriegen", sagte er weiter. Handle es sich dabei um Katzen-Videos, sei das eher ungefährlich. "Wenn es sich aber um Videos mit politischen oder gesellschaftlichen Informationen oder gar Verschwörungsfantasien oder ausländischen Regierungsnarrativen handelt, wird das ganze schnell meinungsbildend und damit höchst relevant".

Das seien "ideale Verhältnisse" für die Verbreitung von Desinformation, um Gesellschaften zu destabilisieren. In den USA wird derzeit über ein mögliches Verbot der Plattform für Kurzvideos diskutiert. Kramer sagte, Verbote und Abschottungen seien ein Weg, der Grenzen habe, da man sie umgehen könne. "Es sei denn, man will eine Zensur des Internets, wie es sonst nur bei Diktaturen üblich und mit unseren Vorstellungen und Grundrechten von einer offenen Gesellschaft kaum vereinbar ist." Sinnvoller seien Aufklärung und allgemeine Medienkompetenz.

Der Verfassungsschutz von Thüringen hat TikTok bereits seit Jahren im Blick. So widmete die Behörde dem Dienst in seinem Bericht von 2021 (PDF) mehrere Seiten, dort heißt es unter anderem: "Der Anteil rechtsextremistischer Inhalte in TikTok wuchs zuletzt. Ihr Radikalisierungspotenzial ist nicht zu unterschätzen." Der Algorithmus, der immer mehr der gleichen Inhalte anzeige, führe zudem zur Bildung von "Echokammern". Das mache es Extremisten besonders leicht: "In solchen Blasen mit überwiegend Gleichgesinnten bleibt die Meinungsbildung eingeschränkt und kann zu einer Radikalisierung führen, ohne dass rechtsextremistische Akteure einen gesonderten Aufwand betreiben müssten."

(nie)