Tracking: Google wird Standortdaten nach Besuch von Abtreibungskliniken löschen

Nachdem das oberste US-Gericht das liberale Abtreibungsrecht aufgehoben hat, will Google weniger Datenspuren von Besuchern sensibler Einrichtungen sammeln.

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(Bild: mentatdgt/Shutterstock.com)

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Google bessert beim Schutz der Privatsphäre der Nutzer etwas nach. Der US-Konzern kündigte am Freitag an, künftig keine Standortdaten mehr von Besuchern sensibler Institutionen wie Abtreibungskliniken und Schutzeinrichtungen für Frauen auf Dauer speichern zu wollen. Dieser Schritt ergänze die bereits "datenschutzfreundlichen Voreinstellungen" zum ortsbezogenen Tracking, hieß es bei dem Internetkonzern.

Einige der Orte, die Menschen aufsuchen, könnten "besonders persönlich sein", begründete Jen Fitzpatrick, die bei Google für den Betrieb der wesentlichen Systeme und Dienste zuständig ist, den Schritt in einem Blogeintrag. Konkret nannte sie "medizinische Einrichtungen wie Beratungsstellen, Heime für häusliche Gewalt, Abtreibungskliniken, Fruchtbarkeitszentren, Suchtbehandlungseinrichtungen" sowie Kliniken für Gewichtsabnahme und für kosmetische Chirurgie.

"Wenn unsere Systeme feststellen, dass jemand einen dieser Orte besucht hat, werden wir diese Einträge kurz danach aus dem Standortprotokoll löschen", erläuterte Fitzpatrick. Diese Änderung werde "in den kommenden Wochen in Kraft treten".

Der Tech-Gigant reagiert damit auf das Abtreibungsurteil des Obersten Gerichtshofs der USA. Der Supreme Court hatte vor einer Woche das Grundsatzurteil "Roe vs. Wade" von 1973 für nichtig erklärt, das ein landesweites Recht auf Schwangerschaftsabbrüche verankert hatte. 13 konservative US-Bundesstaaten verabschiedeten bereits vorab in Erwartung der neuen Entscheidung "Trigger-Gesetze", mit denen Abtreibungen nun verboten werden sollen. Gut ein weiteres Dutzend könnte dem Beispiel folgen.

US-Bürgerrechtsorganisationen sorgen sich daher um den Datenschutz von Frauen. Strafverfolgungsbehörden oder private Kopfgeldsammler und Rechtsextremisten könnten ihnen zufolge die in der digitalen Welt einfach verfügbaren Informationen über den Aufenthalt von Nutzern erwerben und Jagd auf Frauen machen, die einen Schwangerschaftsabbruch planen oder abgetrieben haben.

"Das Standortprotokoll ist eine Einstellung des Google-Kontos, die standardmäßig deaktiviert ist", führt Fitzpatrick dazu aus. "Für diejenigen, die es aktivieren, bieten wir einfache Steuerelemente wie das automatische Löschen an, damit die Nutzer jederzeit Teile oder alle ihrer Daten entfernen können." Mit dem weiteren Schritt will Google auf Nummer sicher gehen, dass auch User, die nach einem Opt-in die Einstellungen nicht angepasst haben, vor allem im medizinischen Umfeld nicht einfach verfolgt werden können.

Europäische Verbraucherschützer hatten unter der Woche beklagt, Google ziehe Nutzer über die Konto-Voreinstellungen "in sein Überwachungssystem". Schon 2018 monierten sie, dass das Unternehmen mit seinem Tracking von Standorten gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoße. Es setze auf verschiedene Tricks, um zu gewährleisten, dass Nutzer die Ortungsfunktion aktivierten.

Der Google Play Store für Apps "verfügt über strenge Protokolle zum Schutz der Privatsphäre der Nutzer", betont Fitzpatrick dagegen." Dazu gehören Richtlinien, die den Entwicklern den Verkauf persönlicher und sensibler Nutzerdaten untersagen, sowie die Anforderung, dass sie diese Daten sicher und nur für Zwecke verwenden, die direkt mit dem Betrieb der App zusammenhängen."

Nutzer des von Google übernommenen Tracking-Armbands Fitbit, die darüber ihre Menstruationszyklen verfolgen, könnten bereits einzelne einschlägige Protokolle löschen, schrieb die Managerin. Ein Update werde sicherstellen, dass bald mit einem Klick mehrere solcher Aufzeichnungen entfernbar seien.

"Google wehrt sich seit Langem gegen zu weit gehende Forderungen der Strafverfolgungsbehörden", betonte die Ingenieurin zudem. Man benachrichtige Nutzer, "wenn wir behördlichen Forderungen nachkommen". Eine Ausnahme gebe es nur, wenn "uns dies untersagt ist oder Menschenleben auf dem Spiel stehen – etwa in einer Notsituation".

(tiw)