Twitter-Übernahme: Musk zweifelt weiter an Zahlen, Twitter verteidigt sich

Elon Musks Verhandlungsgruppe habe Gespräche mit Geldgebern wegen unklarer Datenlage gestoppt. Twitter legte noch einmal dar, wie Nutzerkonten geprüft werden.

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(Bild: Rokas Tenys/Shutterstock.com)

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Es erscheint immer unwahrscheinlicher, dass Tesla-Chef Elon Musk den Kurznachrichtendienst Twitter übernimmt. Schon seit Beginn der Übernahmegespräche wird über die Ernsthaftigkeit des Angebots von Musk spekuliert. Nun könnte der Deal tatsächlich an den sogenannten Bot- und Spam-Zahlen scheitern, Twitter versucht sich aber weiter zu verteidigen. Das geht aus einem Bericht der Washington Post hervor.

Die Zeitung habe mit drei Personen gesprochen, die mit dem Fall vertraut sind und anonym bleiben wollen. Demnach sei sich die Verhandlungsgruppe um Musk nicht sicher, wie Twitter konkret zu bewerten sei. Die Datenlage sei zu schlecht. Gespräche mit einigen Geldgebern seien deshalb ins Stocken geraten. Dabei hatte Twitter der Gruppe um Musk noch vor einigen Wochen den Zugriff auf eine gewaltige Datensammlung gewährt, damit diese sich nun ein genaueres Bild von Twitter machen könne.

Zur Diskussion steht seit einigen Wochen, wie viele Nutzerkonten von Twitter überhaupt von echten Personen genutzt werden und welche nur für Spam eingerichtet wurden oder Bots sind. Musk hat in Zweifel gezogen, dass der Deal für ihn noch lohnenswert wäre, wenn mehr als fünf Prozent der Nutzerkonten Fake-Konten sind. Er habe den Firmenwert ohne Kenntnis dieser Zahlen zu hoch eingeschätzt, lautet die Begründung.

Diese Argumentation wurde allerdings auch schon als Versuch gedeutet, den Deal unter einem Vorwand platzen lassen zu können und dass Musk nie ernsthaft an einer Übernahme interessiert gewesen sei. Die Twitter-Übernahme-Gerüchte hätten ihm demzufolge geholfen, günstig Tesla-Aktien zurückzukaufen, da der Kurs dieser Wertpapiere nach Verkündung des Twitter-Deals einbrach. Der Twitter-Deal sei also nur ein Mittel zum Zweck gewesen, von dem er sich nun befreien müsse.

Laut Washington Post habe Twitter seine Form der Zählung von Fake-Accounts zuletzt in einer Pressekonferenz am Donnerstag verteidigt. Das Unternehmen erklärte, dass es alle drei Monate eine Stichprobe der "monetarisierbaren durchschnittlichen täglichen Benutzer" nimmt, um auch für Werbetreibende konkrete Zahlen vorlegen zu können.

Twitter analysiere diese Datenprobe händisch, um festzustellen, wie viele Accounts tatsächlich Fake-Accounts sind. Dazu werde unter anderem die IP-Adresse und eine Kombination aus öffentlichen und privaten Daten betrachtet, weshalb Externe auch Schwierigkeiten haben dürften, die Daten richtig auszuwerten. Ob Musk diese zu einer Überprüfung erhalten habe, wollte das Unternehmen gemäß Reuters aber nicht kommentieren. Klar ist aber, dass Twitter Musk den vollständigen Content-Stream von über 500 Millionen Tweets pro Tag (auch Firehose genannt) mit uneingeschränkten Suchmöglichkeiten gegeben habe.

Bei der Überprüfung der Konten schaue Twitter überdies nach, ob es sich um schädliche oder nützliche Bots handle, die etwa für das regelmäßige Posten von Wetterdaten genutzt werden. Diese könnten dann richtig eingeordnet werden. Bei den Stichproben habe der Fake-Account-Anteil unter Nutzern, die Werbung ausgespielt bekommen, immer deutlich unter fünf Prozent gelegen, so das Unternehmen. Zudem entferne es pro Tag mehr als eine Million Spam-Accounts.

Um die Übernahme überhaupt möglichst schadenfrei platzen lassen zu können, muss Musk einen belastbaren Grund finden. Ansonsten droht ihm eine vorher vereinbarte "Trennungs-Zahlung" von einer Milliarde US-Dollar. Auch deshalb wird Musks Schlingerkurs in Sachen Twitter genau beobachtet.

Ist vielleicht auch nicht das Platzen des Deals sein Ziel, so könnte seine immer wieder öffentlich geäußerte Kritik an Twitter und seinen Angestellten, auch schlicht den Preis drücken. Musk hat sich zwar zunächst dazu verpflichtet, Twitter zu übernehmen und Aktien zu einem Wert von je 54,20 US-Dollar das Stück zu kaufen. Sinkt der Preis der Aktien aber immer weiter – auch durch Musks Vorgehen – könnte er auf Nachverhandlungen zu seinen Gunsten drängen. Versucht hat er das bereits.

(kbe)