Das erste Bundesland kündigt die Abschaltung des analogen Radios an

Hörer sollen im nördlichsten Bundesland DAB+ und Streaming als Alternativen nutzen, UKW-Sender werden schrittweise abgeschaltet.

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Ein Radio mit großer Antenne auf einem Holztisch

(Bild: BrAt82/shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Falk Steiner

Schleswig-Holstein verabschiedet sich als erstes Bundesland vom analogen terrestrischen Radioempfang. 2031 laufen die letzten UKW-Frequenzen aus – ab dann gibt es im hohen Norden Hörfunk nur noch per DAB+, Kabel oder IP-basiert. Das gab die Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein bekannt.

Vorangegangen war eine jahrelange Diskussion darüber, ob DAB+ und Internetstreaming die bisherige UKW-Rundfunkausstrahlung ersetzen könnten. Die nun gefundene Einigung sieht einen Umstieg in Schritten vor: Die drei Programme des Deutschlandradios werden ab Mitte 2025 von UKW auf rein digitale Verbreitung umgestellt, die Privatsender BOB!, Deltaradio und Antenne Sylt stellen im selben Jahr um. Der Norddeutsche Rundfunk schaltet die Rundfunkstationen sukzessive je nach Region ebenfalls ab. Der letzte in Schleswig-Holstein verbleibende UKW-Nutzer wäre 2031 der Privatsender R.SH, dessen Lizenz zur Frequenznutzung dann endet und damit als letzte UKW-Welle an der Küste empfangbar sein dürfte.

Im vergangenen Jahr nahmen die ersten Privatsender in Schleswig-Hollstein auf DAB+ ihren Sendebetrieb auf. Plakataktionen und andere Kanäle sollen die Bürger über das nahende Ende des bisherigen Verbreitungsweges informieren. Zusätzliche Sendeanlagen sollen den Empfang per DAB+ sicherstellen, das allerdings nicht die gleiche Flächenabdeckung wie klassische UKW-Sender ermöglicht. Im Vergleich zur seit 1949 in Deutschland genutzten UKW-Verbreitung kann dafür auf vergleichsweise kleinen Frequenzspektren eine Vielzahl Programme gleichzeitig digital verbreitet werden.

Der Umstieg von UKW zu DAB ist seit 30 Jahren Gegenstand von Diskussionen, eine seit 2004 gesetzlich vorgesehene Abschaltung aller UKW-Verbreitung Ende 2015 wurde 2012 mangels realistischer Umstiegsszenarien wieder aus dem Telekommunikationsgesetz gestrichen. Seit 2020 müssen in Neuwagen mit Radioempfänger DAB+-Empfangseinheiten eingebaut sein – eine der Hauptnutzergruppen des terrestrisch verbreiteten Rundfunks. In 41 Prozent der Autos sollen derzeit DAB+-fähige Endgeräte verbaut sein. Die Zahl der verbliebenen UKW-Nutzer lässt sich zwar nicht genau ermitteln, allerdings ist die Zahl der DAB-fähigen Endgeräte in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, laut Studien bundesweit auf 28,3 Millionen Empfänger im Jahr 2023. Dazu kommt die Empfangsmöglichkeit per Mobilfunk-Stream, die mit 5G auch in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein zumindest entlang der wichtigen Verkehrsachsen als Alternative Möglichkeit zum Radioempfang dienen soll.

Nach dem nun bekannt gegebenen Ausstieg Schleswig-Holsteins aus der UKW-Verbreitung dürften weitere Bundesländer folgen. Als einen Grund für den Wechsel sehen Branchenkreise die hohen Kosten für den Betrieb von UKW-Sendemasten. Allein 220,9 Millionen Euro haben ARD und Deutschlandradio für die UKW-Verbreitung laut Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs für die Jahre 2025 bis2029 angemeldet – Geld, das die Sender eigentlich seit Jahren durch den flächendeckenden Umstieg auf DAB+ einzusparen hofften. Ohne die öffentlich-rechtlichen Sender gilt der Betrieb flächendeckender UKW-Sender für die Privatradioanbieter als wirtschaftlich nicht darstellbar.

(anw)