UMTS-Sieg bedeutet Segen und Fluch für die Lizenz-Gewinner

Hintergrund: Der Schatz ist gehoben: Für Bundesfinanzminister Hans Eichel hat sich die Auktion der UMTS- Mobilfunklizenzen als wahre Goldgrube entpuppt.

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  • Peter Lessmann
  • dpa

Hintergrund: Der Schatz ist gehoben: Für Bundesfinanzminister Hans Eichel hat sich die Auktion der UMTS- Mobilfunklizenzen als wahre Goldgrube entpuppt. In den nächsten Tagen wird der Bundesfinanzminister um rund 100 Milliarden Mark reicher sein. Das ist rund das Fünffache der Summe, die er im Haushalt ursprünglich eingeplant hatte. Dabei hat die bislang spektakulärste Auktion in Deutschland alle Rekorde gebrochen und das Ergebnis in Großbritannien vom April (75 Milliarden Mark) klar übertroffen. Eine Überraschung auch auf dem Siegerpodest: Neben den erwarteten Siegern T-Mobil (D1/Telekom), Mannesmann Mobilfunk (D2/Vodafone), E- Plus-Hutchison (KPN, NTT DoCoMo), VIAG Interkom (British Telecom) und Mobilcom (France Telecom) schaffte auch das finnische/spanische Konsortium 3G den Sprung auf den deutschen UMTS-Markt.

Klaus-Dieter Scheurle, Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, präsentierte strahlend das Ergebnis: "Mit sechs Anbietern haben wir ein Ergebnis erzielt, dass den intensivsten Wettbewerb und die günstigsten Lösungen verspricht". Und ein Mitabeiter der VIAG Interkom skandiert im Hintergrund: "Bravo!". Befürchtungen über die Höhe der Lizenzkosten teilte Scheurle nicht. Dagegen sprach die Telekom von einem "Versteigerungsirrsinn". Firmensprecher Ulrich Lissek sagte: "Wir haben dem wirtschaftlichen Wahnsinn ein Ende gesetzt". Im Durchschnitt müssen die sechs Lizenznehmer 16,5 Milliarden Mark für eine kleine UMTS-Lizenz auf den Tisch blättern.

Tatsächlich zeigen die sündhaft teuren Lizenzen, dass der deutsche Mobilfunkmarkt der Zukunft einer der attraktivsten in Europa ist. Bis Ende 2000 soll bereits jeder Zweite in Deutschland ein Handy in der Tasche haben. Damit ist die Basis für das UMTS-Geschäft gelegt. Rund 80 Millionen potenzielle Kunden – solche Zahlen kann kein Land in Westeuropa in die Waagschale werfen. Aber die Summen, die sie in das noch schlummernde UMTS-Geschäft investieren müssen, sind gigantisch: Schließlich fallen nicht nur Lizenzkosten an. Zum Aufbau der UMTS-Netze und der Infrastruktur müssen sie weitere zweistellige Milliarden-Beträge investieren. Und so ist der UMTS-Sieg zugleich ein Fluch: Die Milliarden, die jetzt der Bundesfinanzminister kassiert, müssen erst verdient werden. Und zwar auf einem Markt, den es bislang überhaupt noch nicht gibt.

"Diese Beträge sind eine Vorleistung im Glauben an eine Technologie", sagt der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Klaus Friedrich, stellvertretend für viele Skeptiker. Georg Erber vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin warnte schon zu Beginn der Auktion vor überzogenen Preisen: Die Unternehmen würden sich an den Lizenz- und den Folgekosten überheben. Doch die gewaltigen Ausgaben für UMTS in Deutschland ist nicht das Ende: Die sechs Sieger verfolgen eine klare europäische Mobilfunkstrategie. Neben Deutschland und Großbritannien zählen Frankreich und Italien als die lukrativsten Märkte in Europa. Dort soll im Herbst eine Entscheidung über die Vergabe der Konzessionen fallen. Aber auch diese Lizenzen werden nicht verschenkt.

So könnten sich pro Betreiber die Kosten für den Erwerb der Konzessionen und für den Netzaufbau leicht auf hohe zweistellige Milliardenbeträge summieren. Ein Betrag, bei dem selbst der Riese Deutsche Telekom zu zittern beginnt. So wird sich das Unternehmen in Italien möglicherweise erst gar nicht um eine UMTS-Lizenz bewerben. Ohnehin haben die Bonner noch ganz andere Brocken zu verdauen wie den US-Mobilfunkbetreiber VoiceStream.

Nach Einschätzung von Analysten werden die Kosten für den Lizenzerwerb und Netzaufbau die Bilanzen der Unternehmen über Jahre belasten. Schwarze Zahlen aus dem UMTS-Geschäft erwarten viele erst ab 2008. "In den ersten Jahren wird es einen enormen Abfluss von Mitteln geben", prophezeit Ralf Hallmann von der Berliner Bankgesellschaft. Im Vorteil seien vor allem die D-Netze, die mit Ergebnisbeiträgen aus der Sprachtelefonie dieses Loch zum Teil schließen könnten. Giganten wie die Telekom und Vodafone (Mannesmann D2), schätzt Markus Glockenmeier von Delbrück Privatbankiers, werden die Kosten dennoch am ehesten verkraften. So stehen der Telekom unter anderem aus dem Verkauf des Kabelnetzes, von Immobilien und der Sprint-Beteiligung zweistellige Milliarden-Beträge zur Verfügung. Und Vodafone hat mit dem Verkauf der Mannesmann-Tochter Orange an France Telecom vor wenigen Monaten Kasse gemacht.

Unterdessen darf sich Hans Eichel noch auf weitere Einnahmen freuen: Nach dem die Lizenzgewinner jetzt feststehen, geht es in Mainz in einem "kleinen Poker" weiter. Fünf weitere so genannte ungepaarte Frequenzblöcke stehen zur Auktion an. Damit können die UMTS-Sieger ihre Lizenzen noch einmal aufwerten. (Peter Lessmann, dpa) (jk)