US-Filmindustrie: Zensurgesetze SOPA und PIPA sind gestorben
Chris Dodd, Chef der Motion Picture Association of America (MPAA), hat sich von den umstrittenen Anti-Piraterie-Gesetzentwürfen distanziert und sie für erledigt erklärt. Auf den Philippinen sorgt derweil ein Cybercrime-Gesetz für Unmut.
Chris Dodd, Chef der Motion Picture Association of America (MPAA), hat sich von zwei umstrittenen Anti-Piraterie-Gesetzentwürfen distanziert und sie für erledigt erklärt. Der im US-Kongress vorangetriebene Stop Online Piracy Act (SOPA) und sein Pendant Protect IP Act (PIPA) seien "tot", erklärte der Boss der Vereinigung großer Hollywood-Studios laut einem Bericht von Ars Technica. "Sie werden nicht zurückkommen." Dies sei auch gut so, fügte der frühere Senator der Demokraten an. Die Filmindustrie sei besser bedient, wenn sie sich mit der Hightech-Branche und den Gegner der beiden Zensurgesetze zusammensetze und Kooperationen voranbringe.
Offiziell liegen SOPA und PIPA derzeit auf Eis. Beide Kammern des Kongresses schoben Anfang des Jahres eine Entscheidung über die Vorstöße auf die lange Bank. Zuvor hatten die englischsprachige Wikipedia und viele andere Webseiten mit einem "Blackout Day" gegen das Vorhaben protestiert. Auch Google oder die Blog-Plattform Wordpress schlossen sich dem lange anhaltenden Widerstand an. Acht Millionen Nutzer hätten ihre Volksvertreter innerhalb von zwei Tagen angeschrieben und sich gegen die Entwürfe ausgesprochen, betonte Dodd. Die Senatoren hätten deswegen binnen weniger Minuten ihre Unterstützung dafür aufgekündigt. Dabei habe es sich um ein die Politik regelrecht umstürzendes Ereignis gehandelt.
Die Netzgemeinde stemmte sich vor allem gegen die Pläne des Kongresses zur besseren Copyright-Durchsetzung, weil die Entwürfe ursprünglich unter anderem auch Netzsperren auf DNS-Ebene gegen ausländische Webseiten vorsahen. Entsprechende Filtervorgänge im Domain Name System gehörten zum Alltag des Internet, verteidigte Dodd einen solchen Ansatz prinzipiell. Man müsse dabei aber sehr vorsichtig vorgehen, räumte er ein. Trotzdem sei die Zensurkritik übers Ziel hinausgeschossen. Der Hollywood-Vertreter lobte zugleich die umstrittene neue Praxis Googles, Seiten mit vielen Beschwerden über Urheberrechtsverletzungen bei der Ergebnisanzeige herabzustufen. Er stellte sich ferner hinter das sechsstufige Warnhinweis-System bei Copyright-Verstößen ("Six Strikes"), das US-Zugangsanbieter gemeinsam mit Rechteinhabern vor Ende des Jahres ohne gesetzliche Basis einführen wollen.
Auf den Philippinen sorgt unterdessen ein Regierungsentwurf für ein Gesetz gegen Cybercrime für ähnlichen Unmut wie die ins Wanken gekommenen Anti-Piraterie-Vorhaben in den USA. Die Philippine Internet Freedom Alliance hat die Webgemeinde vor Ort zum Schwärzen von Homepages aufgefordert und bereits einen Protestmarsch zum Obersten Gerichtshof initiiert. Anfang der Woche verunstaltete eine Gruppe, die sich der Anonymous-Bewegung zurechnet, mehrere Regierungsseiten. Aktivisten, zu denen nationale Journalisten- und Presseorganisationen wie das Center for Media Freedom and Responsibility zählen, haben zudem eine Petition gegen den Vorstoß gestartet.
Stein des Anstoßes ist vor allem eine Klausel in dem umkämpften Text, wonach das Justizministerium des Landes Zugangssperren zu sämtlichen anonym veröffentlichten Computerdaten ohne Richtergenehmigung anordnen dürfte. Kritiker fürchten daher eine gravierende Einschränkung der Redefreiheit, ein "Kriegsrecht" fürs Internet und das Aufkommen eines autoritären Cyberstaates. Der Senator Edgardo Angara, der den Entwurf ins Parlament eingebracht hat, drängt mittlerweile auf Nachbesserungen. Demnach dürften beispielsweise Webseiten nur blockiert werden, wenn ein Gericht dies anordnet. (jk)