US-Kartellverfahren: Microsoft unter der Lupe

Im neuen Report zur Einigung im US-Kartellrechtsverfahren zieht Microsoft Vorhaben zurück, alternative Mediensoftware von mobilen Playern mit MS-Software auszusperren. Die Kontrolleure sehen Protokollveröffentlichung und Vista-Entwicklung positiv.

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Von
  • Jürgen Kuri

Ein portabler Musik-Player, der Windows-Media-Formate und Microsoft-Systeme nutzt, der sollte auch nur mit Microsoft-Software zum Abspielen von Musik und Videos ausgestattet sein. Das zumindest scheint die Ansicht des Redmonder Softwarekonzerns gewesen zu sein -- jedenfalls so lange, bis die Kontrolleure der außergerichtlichen Einigung im US-Kartellverfahren einen Blick auf die Pläne warfen. Im jüngsten der vierteljährlichen Berichte, die Microsoft und das US-Justizministerium dem Bundesrichter vorlegen, der die Einhaltung der Bestimmungen in der Einigung überwacht, heißt es, Microsoft verfolge nach Beschwerden die Pläne nicht weiter.

Die im November 2002 von Richterin Colleen Kollar-Kotelly akzeptierte außergerichtliche Einigung vom November 2001, die das jahrelange Verfahren gegen Microsoft wegen wettbewerbswidriger Ausnutzung eines Monopols erst einmal beendet hatte, enthielt unter anderem die Auflage, dass Microsoft PC-Herstellern größere Freiheiten bei der Installation konkurrierender Software geben und sicherstellen muss, dass die Software von Mitbewerbern reibunglos mit Software aus dem eigenen Haus zusammenarbeitet. Die notwendigen technischen Informationen, beispielsweise Software-Schnittstellen für Middleware-Produkte und Server-Protokolle, müssen gegenüber dem jeweiligen Wettbewerber offen gelegt werden. Für die Überwachung dieser Maßgaben wurde auch ein Technical Committee eingerichtet.

Laut dem vorliegenden Quartalsbericht zu den Auflagen verlangte Microsoft in einem ersten Vertragsentwurf von Herstellern, denen der Konzern eine CD mit dem Windows Media Player zur Distribution mit ihren portablen Musik-Abspielgeräten lieferte, eine Exklusivvereinbarung: Wenn sie die Software auf der Microsoft-CD mit den Playern auslieferten, dürften sie die Geräte mit keiner anderen Software, auch keiner anderen Medienplayer-Software, bestücken. Nach den Beschwerden änderte Microsoft die Vertragsbestimmungen dahingehend, dass sie keine exklusiven Bestimmungen zum Vertrieb von Microsoft-Software mehr beinhalteten.

In dem Bericht an das Gericht wird zwar bedauert, dass in der ersten Vertragsfassung eine Exklusivvereinbarung enthalten war, Microsoft wird aber gleichzeitig dafür gelobt, sehr schnell auf die Beschwerden reagiert zu haben. Weitere Maßnahmen durch das Gericht seien nicht notwendig, schreiben Microsoft und das Justizministerium als Empfehlung an Richterin Colleen Kollar-Kotelly, vor der beide Parteien in der kommenden Woche zu dem Bericht angehört werden. Eine Microsoft-Sprecherin sagte gegenüber US-Medien, da es sich nur um einen Entwurf des Vertrags gehandelt habe, wären die Bestimmungen sicher im weiteren Prozess noch geändert worden -- der ursprüngliche Vertrag sei noch nicht vollständig durch die Rechtsabteilung abgesegnet gewesen.

In dem Status-Bericht gehen Microsoft, das US-Justizministerium und das Überwachungskomitee auch auf Windows Vista ein, den 2006 zur Veröffentlichung anstehenden Nachfolger vonWindows XP. Das Komitee werde weiter die erscheinenden Vista-Betaversionen und den Internet Exlorer 7 kontrollieren, ob sie den Bestimmungen der Einigung im Kartellrechtsverfahren entsprechen. Microsoft erklärte, man werde in Windows Vista noch weit mehr Konfigurationsmöglichkeiten als in Windows XP einbauen, sodass beispielsweise auch User-abhängig Anwendungs-Icons geändert und andere Software als die von Microsoft eingerichtet werden könne. Mit dem gegenwärtigen Status der Veröffentlichung von Informationen zu Software-Schnittstellen für Middleware-Produkte und Server-Protokolle scheinen die Kontrolleure der Kartellrechtseinigung zufrieden. Zwar ist beispielsweise ein Microsoft auferlegtes Projekt mit dem Namen "Troika", das Protokollanalyse zur Überprüfung der Korrektheit der Dokumentaion ermöglichen sollte, nicht so recht von der Stelle gekommen; jedoch weist der Report darauf hin, dass der Umfang des Projekts bei seinem Start nicht abzusehen gewesen sei — ein vollständiger Abschluss des Projekts sei nicht vor Oktober 2006 realisierbar. Das Überwachungskomitee, Microsoft und das Justizministerium sind daher übereingekommen, Möglichkeiten zur Vereinfachung und schnelleren Implementierung zu untersuchen.

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