US-Regulierer will Netzneutralität durchsetzen

Wie erwartet hat die US-Regulierungsbehörde FCC am Donnerstag einen Regelungsentwurf verabschiedet, der sich an Prinzipien der Netzneutralität orientiert. Damit beginnt das monatelange Konsultationsverfahren.

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Die US-Regulierungsbehörde hat wie erwartet den von Behördenchef Julius Genachowski initiierten Entwurf für eine neue Regulierungspolitik verabschiedet. Die geplanten Maßgaben, die sich an den Prinzipien der Netzneutralität orientieren, stehen nun zur öffentlichen Kommentierung. Nach der Abstimmung der Spitzengremiums am Donnerstag in Washington hat die Federal Communications Commission (FCC) den schon vor Veröffentlichung umstrittenen Entwurf (PDF-Datei) auf ihrer Website zum Download bereitgestellt. Die FCC nimmt Stellungnahmen bis zum 14. Januar entgegen, bis Anfang März ist dann noch Zeit für Kommentare zu den Eingaben.

Mit dem Papier schlägt die FCC Eckpfeiler für eine Neuausrichtung der Regulierungspolitik in Sachen Internet vor. Grundsätzlich bekennt sich die Behörde zu einem offenen und freien Internet. Die FCC will bestehende Grundsätze für den freien Netzzugang in ein Regelwerk gießen und um weitere Prinzipien ergänzen. So soll Netzbetreibern, ob nun Festnetz oder Mobilfunk, verboten werden, den Austausch rechtmäßiger Inhalte oder die Nutzung rechtlich unbedenklicher Anwendungen zu unterbinden — oder bestimmte Übertragungen, etwa die besonders gut zahlender Kunden, zu bevorzugen.

Darüber hinaus sollen Netzbetreiber keine zugelassenen Geräte abweisen dürfen, solange sie den Netzbetrieb nicht stören. Die Infrastrukturanbieter dürfen den wirtschaftlichen Wettbewerb nicht beeinträchtigen, die FCC spricht hier ausdrücklich von Anwendungen, Diensten und Inhalten. Rechtmäßige Inhalte, Anwendungen und Dienste sollen zudem eine gleichberechtigte Behandlung erfahren. Dabei bleibt den Netzbetreibern ein "angemessenes Netzmanagement", das etwa zum reibungslosen Betrieb nötig ist, ausdrücklich vorbehalten — die FCC will die Branche dabei aber zu Transparenz verpflichten.

Die propagierte neue Offenheit gilt nur für legale Inhalte. So sollen die Provider weiter gegen illegale und "unerwünschte" Inhalte vorgehen können. Die Behörde nennt hier Spam und Kinderpornografie, aber auch "die unrechtmäßige Übertragung von Inhalten" die etwa gegen das Urheberrecht verstoßen. Dafür müssen sie gemäß geltender Rechtslage allerdings erst einmal Kenntnis erlangen. Über die Legalität von Inhalten bestimmen nicht die Provider.

Mit der Veröffentlichung des Entwurfs wird das Gezerre um die Netzneutralität in den USA, das schon im Vorfeld heftig genug war, unvermindert weitergehen. Die betroffene Branche wird ihre Lobby in Washington in Stellung bringen und dürfte im Kongress, aber auch vor Gericht, um jede Formulierung kämpfen. Schon jetzt gibt es eine Gesetzesinitiative vom republikanischen Senator John McCain, der das Netz frei von jeglicher Einflußnahme der Regierung halten will. Ähnliche Kritik kommt auch aus einer anderen Ecke: Die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF), an sich ein glühender Verfechter der Netzneutralität, sieht in dem Vorstoß der FCC vor allem einen Versuch, das Netz unter die Fuchtel der US-Regierung zu stellen.

Wie viel von Genachowskis Vorhaben am Ende des mehrere Monate währenden Konsultationsprozesses noch übrig bleibt, wird sich dann zeigen. Für den frischgebackenen FCC-Chef war zunächst wichtig, seine erste große Regulierungsmaßnahme unbeschadet durch die fünfköpfige Kommission zu bringen, deren Vorsitzender er ist. Dass das Netzneutralitätspaket vom demokratisch dominierten Gremium durchgewunken würde, stand dabei nie in Zweifel. Mit Interesse wurde in Washington aber das Abstimmverhalten der beiden republikanischen Kommissionsmitglieder beobachtet, deren Nein dem neuen Vorsitzenden schweren Schaden zugefügt hätte.

Am Ende entschied sich die Kommission einstimmig für die Aufnahme des Konsultationsverfahrens. Die beiden Republikaner gaben in der Sache eine abweichende Meinung zu Protokoll, lobten aber die offene und konstruktive Zusammenarbeit der Kommission unter Genachowski. Der hat damit sein Gesicht gewahrt. Doch die Probleme fangen für ihn jetzt erst an.

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(vbr)