US-Telekomriese AT&T wird viergeteilt

Die Aufsichtsgremien des größten US-Telekomkonzerns AT&T stimmten der Aufteilung der Firma in vier unabhängige Unternehmen zu.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Nach ersten Hinweisen Anfang dieser Woche auf entsprechende Vorschläge, die das Management dem Aufsichtsgremium von AT&T unterbreiten wolle, ist es nun offiziell: Die größte Telefon- und Kabelfernsehgesellschaft der USA, AT&T, will sich in vier Einzelfirmen aufspalten. Damit steht eines der ältesten und traditionsreichsten US-Unternehmen praktisch vor dem Ende – auch wenn der Name AT&T weiter erhalten bleibt. Die Aufspaltung soll jeder Einzelfirma bessere Möglichkeiten verschaffen, zu wachsen und sich an der Börse zu entfalten, teilte AT&T am heutigen Mittwoch mit. Das rückläufige Geschäft mit Ferngesprächen wird dabei von den schneller wachsenden Sparten getrennt.

Damit reagiert der Telefonkonzern auf einen drastischen Kursverfall seiner Aktien und auf harte Kritik seiner Aktionäre an der Kurs- und Gewinnentwicklung. Die AT&T-Aktien notierten zum Ende des gestrigen Börsentags bei rund 27 US-Dollar. Sie haben damit in diesem Jahr 47 Prozent oder gut 61 Milliarden US-Dollar an Wert verloren. Ebenfalls am heutigen Mittwoch musste der Konzern erneut rückläufige Gewinne bekannt gegeben. Das schwächere Ferngesprächsgeschäft mit den Privatkunden war für den Gewinnrückgang im dritten Quartal auf 1,3 Milliarden US-Dollar verantwortlich. AT&T hatte im gleichen Quartal des Vorjahrs 1,6 Milliarden US-Dollar verdient.

Der Quartalsumsatz stieg nur um 3,7 Prozent auf 16,9 Milliarden US-Dollar. Der Mobilfunkumsatz erhöhte sich um 36 Prozent, während AT&T im Breitbandbereich um 10,8 Prozent zulegte. Das Geschäft mit den Unternehmenskunden wurde um 2,5 Prozent ausgeweitet. Dagegen war das Verbrauchergeschäft rückläufig. AT&T machte hierfür den scharfen Wettbewerb, den verstärkten Einsatz von Handys und "andere Gründe" verantwortlich. Der Neunmonatsumsatz stieg von 46,2 Milliarden auf 49,1 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn in den ersten neun Monaten erhöhte sich von 4,3 Milliarden auf 4,8 Milliarden US-Dollar. Momentan, vor der Aufspaltung, hat der Konzern 160.000 Mitarbeiter.

AT&T will nun seine Telekomgeschäfte mit Firmenkunden in einer eigenen Firma bündeln. Davon getrennt soll eine Firma Telefon- und Internetdienste für private Verbraucher anbieten. Weitere Unternehmen sind für den Mobilfunk und für die Sparte Kabelfernsehen und Breitband geplant. Der Aufspaltungsplan soll bis 2002 über die Bühne gehen. Der Verwaltungsrat hat den Plan bereits einstimmig gebilligt.

Die neue AT&T Business wird das Geschäft mit Unternehmenskunden betreiben und das Festnetz übernehmen. Sie wird mit 28 Milliarden US-Dollar Umsatz die Hauptnachfolgegesellschaft von AT&T und die Marke AT&T behalten. Die Mobilfunkfirma AT&T Wireless mit 9,6 Milliarden US-Dollar Umsatz sowie die AT&T Broadband mit 9,3 Milliarden US-Dollar Umsatz sollen jeweils eigene Aktien ausgeben. Die AT&T Consumer mit 19 Milliarden US-Dollar Umsatz bündelt das rückläufige Ferngesprächsgeschäft mit Privatkunden und das Internet-Verbrauchergeschäft. Sie wird mit so genannten "Tracking"-Aktien verselbstständigt. Besitzer dieser Aktien sind am Gewinn des Geschäfts beteiligt, haben aber keine Kontrolle über das Unternehmen. Die neuen Gesellschaften sollen nach den Plänen des Managements eng miteinander kooperieren. Die AT&T Business werde etwa ihren Schwesterfirmen über Langzeitverträge Netzwerkleistungen verkaufen und den Namen AT&T in Lizenz anbieten, hieß es bei dem Konzern.

AT&T war 1984 aus der Zerschlagung der Monopolgesellschaft American Telephone & Telegraf (Ma Bell) als größte US-Ferngesprächsgesellschaft hervorgegangen. Aus dieser von den US-Wettbewerbshütern betriebenen Aufspaltung waren die so genannten Baby Bells entstanden, die in den USA für lokale und regionale Telefongespräche zuständig sind. 1996 hatte AT&T bereits den weltgrößten Telekommunikationsausrüster Lucent Technologies abgespalten – der inzwischen mit eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Außerdem trennte sich AT&T vom 1991 gekauften Computerkonzern NCR. (jk)