Ăśberraschung: TSMC-Technik in Huaweis KI-Beschleuniger gefunden
Der Chipfertiger TSMC darf keine Chips an Huawei verkaufen. TSMC-Technik in einem aktuellen KI-Beschleuniger wirft deshalb Fragen auf.
Die chinesische Firma Huawei scheint trotz weitreichender US-Exportverbote weiterhin Zugriff auf Halbleiterbauelemente zu haben, die der Chipauftragsfertiger TSMC hergestellt hat. Das hat die Analysefirma Techinsights herausgefunden: Sie hat Huaweis KI-Beschleunigerkarte Atlas 300T A2 gekauft und den darauf angebrachten KI-Prozessor zur Analyse abgeschliffen. Dabei soll es sich um den Ascend 910B der Huawei-Tochter Hisilicon handeln.
Die Entdeckung wirft Fragen auf, weil TSMC seit September 2020 keinerlei Chips mehr für Huawei beziehungsweise Hisilicon fertigen darf. Die Handelsrestriktionen – ausgehend von den USA und von Taiwan unterstützt – sind strikter als für andere Hardware-Hersteller. AMD, Intel und Nvidia etwa dürfen noch Prozessoren und Grafikkarten bis zu einer festgelegten Rechenleistung nach China verkaufen. Smartphone-CPU-Designer wie Qualcomm dürfen ihre Prozessoren ohne 5G-Modems liefern.
Doch TSMC ist die Kooperation mit Huawei und anderen chinesischen Firmen dagegen komplett untersagt.
Bisher ging man davon aus, dass der chinesische Chipauftragsfertiger SMIC den Ascend 910B fĂĽr Huawei produziert. Die Firma hat sich von TSMC frĂĽhere 7-Nanometer-Technik abgeschaut, die noch ohne komplexe extrem-ultraviolette Belichtung (EUV-Lithografie) auskommt. Im Falle des Smartphone-Prozessors Kirin 9000S konnte Techinsights die Chiptechnik aber eindeutig SMIC zuordnen. Beim Ascend 910B ermittelten die Analysten hingegen die taiwanische TSMC-Herkunft.
Das lässt drei Optionen zu:
- Huawei verwendet bis 2020 gekaufte und eingelagerte Chips
- TSMC stellt weiter Chips für Huawei her – direkt oder über Drittfirmen
- SMIC kann TSMC-Technik noch genauer kopieren als gedacht
Stellungnahmen von Huawei und TSMC
In Stellungnahmen beteuern sowohl Huawei als auch TSMC, seit September 2020 keine Geschäfte mehr miteinander zu machen. Die TSMC-Stellungnahme liegt heise online auf Deutsch vor; die Huaweis haben die Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters veröffentlicht. Huawei verneint allerdings auch, den Ascend 910B jemals auf den Markt gebracht zu haben.
Tatsächlich gibt es keinerlei offizielle Dokumentation zu dem Chip oder der Beschleunigerkarte Atlas 300T A2. Inoffiziell soll Huawei entsprechende Systeme aber schon seit 2022 an chinesische Hyperscaler wie Baidu verkaufen.
TSMCs Stellungnahme lautet:
"TSMC ist ein gesetzestreues Unternehmen, das alle geltenden Regeln und Vorschriften, einschließlich anwendbarer Exportkontrollen, einhält. In Übereinstimmung mit den regulatorischen Anforderungen hat TSMC seit Mitte September 2020 keine Lieferungen an Huawei durchgeführt.
Wir verfügen über ein robustes und umfassendes Exportkontrollsystem zur Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Liegt uns der geringste Hinweis auf potentielle Probleme vor, ergreifen wir umgehend Maßnahmen, die die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherstellen. Dies schließt Untersuchungen und proaktive Kommunikation mit relevanten Parteien wie Kunden und Aufsichtsbehörden mit ein, sollte dies erforderlich sein.
Wir haben proaktiv mit dem US-Handelsministerium bezĂĽglich der im Bericht genannten Angelegenheit kommuniziert. Uns liegen keine Hinweise vor, dass TSMC aktuell Gegenstand einer Untersuchung ist."
Jahrelange Chiplagerung?
Völlig abwegig erscheint eine jahrelange Lagerung von TSMC produzierter Chips allerdings nicht: 2020 bunkerte Huawei solche mutmaßlich im Wert von vielen Milliarden Euro. Und Ende 2023 stellte die Firma mit dem Qingyun L540 ein Notebook vor, das nachweislich von TSMC hergestellte Prozessoren aus dem Jahr 2020 verwendet.
Laut Bloomberg sollen sich Vertreter des US-amerikanischen Bureau of Industry and Security (BIS) und TSMC bereits Mitte Oktober getroffen haben, um über Lieferketten zu sprechen und ob chinesische Firmen TSMC-Technik abzwacken könnten. Laut The Information soll das BIS auch Huawei thematisiert haben.
Klar ist, dass keine Firma – egal, ob Huawei selbst oder ein Firmengeflecht zur Tarnung – Chips bei TSMC in Auftrag geben könnte, ohne dass TSMC bemerkt, was da produziert wird. Der Ascend 910B müsste eine umfangreiche Neuentwicklung darstellen, damit TSMC ihn nicht dem bereits bekannten und selbst hergestellten Ascend 910 zuordnen kann.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
(mma)