Überwachung: Strafverfolger haben Staatstrojaner 2021 häufiger eingesetzt
Die Gerichte genehmigten 2021 55-mal das Hacken von IT-Geräten, während es 2020 48 Anordnungen gab. Die meisten Maßnahmen führte NRW durch.
Im Jahr 2021 erteilten Gerichte Polizei und anderen Strafverfolgungsbehörden in Deutschland 55-mal die Erlaubnis, IT-Systeme etwa mithilfe von Staatstrojanern zu hacken und Daten abzufischen. Das geht aus den neuen Statistiken zur Telekommunikationsüberwachung nach den Paragrafen 100a und 100b Strafprozessordnung (StPO) hervor, die das Bundesamt für Justiz (BfJ) am Dienstag veröffentlicht hat. 2020 hatte es noch 48 einschlägige Anordnungen gegeben. Das BfJ hatte die einschlägigen Zahlen im vorigen Jahr zunächst nach Falschmeldungen von Ländern beziehungsweise Ermittlungsbehörden erneut zu hoch angesetzt und sah sich im Anschluss erneut gezwungen, diese nach unten zu korrigieren.
Die aktuelle Statistik für 2021 zu Paragraf 100a StPO weist insgesamt 35 richterliche Anordnungen für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) aus, bei der die Kommunikation direkt auf einem Endgerät vor einer Ver- beziehungsweise nach einer Entschlüsselung in der Regel über Staatstrojaner abgegriffen wird, von denen 23 tatsächlich durchgeführt wurden. Allein 16 Maßnahmen davon gehen auf das Konto der Behörden in Nordrhein-Westfalen (NRW), drei auf die in Berlin. 2020 stellten die Gerichte laut der finalen Version insgesamt 25 Genehmigungen aus. Die Summe der insgesamt tatsächlich durchgeführten Staatstrojaner-Einsätze zur Quellen-TKÜ betrug 15.
Heimliche Online-Durchsuchungen gleichgeblieben
Gleichgeblieben ist laut der Übersicht zu Paragraf 100b StPO mit 10 die Zahl der Verfahren, in denen Richter heimliche Online-Durchsuchungen anordneten. Dabei dürfen die Fahnder etwa auch Festplatten inspizieren und nicht nur die laufende Kommunikation mitschneiden. Die Anzahl der Erst- und Verlängerungsanordnungen zu dieser Form der Online-Bespitzelung lag 2021 bei 20, von denen insgesamt neun tatsächlich durchgeführt wurden.
Fünf gehen auf das Konto des Generalbundesanwalts, der Rest verteilt sich auf die Länder Hamburg, NRW, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In fünf Fällen ging es hier um die Bildung krimineller beziehungsweise terroristischer Vereinigungen, dreimal um Straftaten gegen die persönliche Freiheit. 2020 waren von zusammen 23 Erst- und Verlängerungsanordnungen insgesamt acht ausgeführt worden.
Weniger Telefonate überwacht
Leicht zurückgegangen sind die Zahlen zu Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation nach Paragraf 100a StPO insgesamt, zu denen etwa auch das Abhören von Telefonaten ohne Anwendung von Spionagesoftware gehört. 2021 genehmigten die Gerichte in 5174 Verfahren 17.225 Anordnungen. Das sind 2,94 Prozent weniger als 2020. Wie in den vergangenen Jahren war es vor allem der Verdacht auf das Begehen von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz (Drogenmissbrauch), der den Anlass für einschlägige Überwachungsmaßnahmen lieferte.
Ferner hat das BfJ die Statistik der Abfrage von Verbindungs- und Standortdaten gemäß Paragraf 100g StPO herausgegeben. Demnach sind 2021 bundesweit hier in 20.144 Verfahren insgesamt 27.863 Maßnahmen angeordnet worden. Im Vergleich mit den Daten des Vorjahres (28.169) ist ein leichter Rückgang um 1,10 Prozent zu verzeichnen.
Bundesjustizminister Marco Buschmann will die Befugnis der Polizei zum heimlichen Eingriff in IT-Systeme einschränken. Alltagskriminalität soll laut einem Referentenentwurf aus einem Haus außen vor bleiben. Der FDP-Politiker sieht andernfalls "die Gefahr einer Totalausforschung".
(axk)