Ukraine-Krieg: USA lassen Deutsch-Russen wegen Chip-Schmuggels verhaften

Der Angeklagte betrieb laut der US-Justiz ein Netzwerk an Tarnfirmen, das illegal große Mengen Mikroelektronik aus den USA fürs russische Militär beschaffte.

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(Bild: zef art/Shutterstock.com)

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Auf Ersuchen der Vereinigten Staaten hat die Polizei auf Zypern am 26. August den Deutsch-Russen Arthur P. verhaften lassen. US-Strafverfolger werfen dem 33-Jährigen vor, sich an einem Netzwerk von Tarnfirmen beteiligt zu haben, das nach der russischen Invasion in der Ukraine illegal große Mengen Chips und andere Mikroelektronik aus den USA für ein russisches Unternehmen beschafft zu haben. Letzteres wiederum habe Ausrüster der russischen Armee beliefert. Die Anklage lautet unter anderem auf Exportkontroll- und Sanktionsverstöße, Schmuggel, Überweisungsbetrug und Geldwäsche. Die sieben ausgemachten Rechtsverstöße könnten den Verdächtigen bei einer Verurteilung insgesamt für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen.

Das FBI und das Büro für Industrie und Sicherheit des US-Handelsministeriums untersuchen den Fall. Beteiligt an den Ermittlungen sind auch verschiedene Stellen des US-Justizministeriums. Dieses dankte unter anderem den Rechtsattaché-Büros des FBI in Polen, Deutschland und Athen sowie den zypriotischen Strafverfolgungsbehörden für "wertvolle Unterstützung". Der stellvertretende US-Staatsanwalt Kevin Sullivan vom Bundesgericht für den südlichen Bezirk von New York leitet den Fall. Dabei geht ihm vor allem die Abteilung für Spionageabwehr und Exportkontrolle zur Hand. Sullivans Chef Damian Williams betonte: "Versuche, Russland illegal mit US-amerikanischer Militärtechnologie zu beliefern, stellen einen Angriff auf die nationale Sicherheit dar" und würden daher entsprechend verfolgt.

Laut den vom US-Justizministerium am Donnerstag publik gemachten Gerichtsdokumenten arbeitet P. für die russische Firma Electrocom, die kritische Elektronik-Komponenten wie Mikrocontroller und integrierte Schaltkreise besorgt. Letztlich seien diese für Waffen und andere Ausrüstung des russischen Militärs bestimmt. Zusammen mit zwei russischen Arbeitskollegen soll er "ein illegales Beschaffungsnetzwerk" in Russland und anderen Ländern unterhalten haben. Die Beschuldigten setzten der Anklage zufolge auf Briefkastenfirmen und "andere betrügerische Mittel, um zu verschleiern", dass die Bauteile für Russland bestimmt waren. Die Technologie sei später etwa in russischen Lenkraketen, Drohnen sowie elektronischen Kriegs- und Kommunikationsgeräte auf dem Schlachtfeld in der Ukraine geborgen worden.

Die Komponenten soll P. zunächst von US-Exporteuren über seine in Zypern ansässige Firma Astrafteros Technokosmos gekauft haben. Dabei habe er fälschlicherweise behauptet, dass die Artikel etwa für Brandschutzsysteme für Endverbraucher und Bestimmungsorte in Zypern und anderen Drittländern vorgesehen seien. Von dort aus sei aber die Ausfuhr nach St. Petersburg an die Electrocom erfolgt, obwohl etwa aus den Rechnungen der US-Partner ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Bauteile den US-Exportkontrollen unterliegen. Insgesamt sollen P. und seine Kumpane Komponenten für militärische Anwendungen im Wert von mehr als 225.000 US-Dollar teils über weitere Durchgangsstationen in anderen Staaten nach Russland transportiert haben.

Im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Maßnahme hätten die USA auch eine einstweilige Verfügung erlassen, "um den Zugang zu diesem mutmaßlich illegalen Beschaffungsnetzwerk zu sperren", hieß es aus dem US-Handelsministerium. Bereits seit Längerem ist bekannt, dass viele IT-Bauteile westlicher Konzerne wie AMD, EPCOS, Intel und Infineon sowie dessen Tochter Cypress trotz umfassender Sanktionen Putins Krieg gegen die Ukraine befeuern. Als Umschlagplätze gelten neben China, Taiwan und Thailand auch die Türkei und Kaukasus-Länder.

(tiw)