Ukraine will Atomstrom nach Deutschland liefern

Vor seinem Berlin-Besuch fordert der ukrainische Regierungschef Schmyhal mehr Waffen und Geld. Er will aber auch etwas zurückgeben: Strom aus eigenen AKW.

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(Bild: Pavel Ignatov/Shutterstock.com)

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  • dpa

Die Ukraine will Deutschland mit der Lieferung von Atomstrom auf dem Weg aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen unterstützen. "Derzeit exportiert die Ukraine ihren Strom nach Moldau, Rumänien, in die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit, unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern", sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben eine ausreichende Menge an Strom in der Ukraine dank unserer Kernkraftwerke. Bei meinem Besuch in Berlin und dann auch in Brüssel werde ich das ansprechen."

Schmyhal wird am Sonntag in Berlin Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) treffen. Er ist der höchstrangige ukrainische Besucher in Deutschland seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor gut einem halben Jahr. Am Montag reist Schmyhal weiter nach Brüssel. Auch dort will er eine Ausweitung der ukrainischen Strom-Exporte thematisieren.

Parallel zum russischen Einmarsch Ende Februar hatte die Ukraine sich zusammen mit dem Nachbarland Moldau vom ehemals sowjetischen Stromnetz abgekoppelt. Mitte März erfolgte die Synchronisierung mit dem europäischen Netzwerk.

Seitdem exportiert das Land täglich zwischen 400 und 700 Megawattstunden Strom in die Europäische Union und nach Moldau. Schmyhal will die Exportquoten für die EU nun um ein Vielfaches erhöhen. "Das wäre für beide Seiten sehr gut. Die EU bekäme mehr Energie und wir (bekämen) die Devisen, die wir dringend benötigen", sagte der Ministerpräsident.

Die Ukraine ist eines der am stärksten von Atomenergie abhängigen Länder der Welt, ihr Anteil an der Stromproduktion beträgt nach Angaben des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung mehr als 50 Prozent. Derzeit befinden sich in der Ukraine vier Atomkraftwerke in Betrieb, darunter Europas größtes Atomkraftwerk in Saporischschja. Sechs Blöcke in Saporischschja in Enerhodar befinden sich allerdings seit März unter russischer Kontrolle. Die internationale Gemeinschaft ist in großer Sorge, dass Kriegshandlungen in der Nähe zu einem Atomunfall führen könnten.

Mit dem russischen Einmarsch ist aufgrund der Kämpfe, der Fluchtbewegung und des Wirtschaftseinbruchs auch der Stromverbrauch in der Ukraine massiv zurückgegangen. Damit wurden Kapazitäten für den Export frei.

(tiw)