Unbezahlte Überstunden: Deutsche schuften eine Woche im Jahr für lau

Deutsche Angestellte leisten 2022 so viele Überstunden wie lange nicht. Viele davon werden weder bezahlt noch später abgefeiert.

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(Bild: tsyhun/Shutterstock.com)

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Deutsche Angestellte leisten so viele unbezahlte Überstunden wie nie zuvor. Das hat der Anbieter von Personalverwaltung-Software Kenjo in einer groß angelegten Umfrage herausgefunden. Es bestehe großes Verbesserungspotenzial: Die befragten Angestellten von Firmen, die Zeiterfassungssoftware des Anbieters einsetzen, hätten im letzten Jahr 19 Prozent ihrer Arbeitszeit in Überstunden verbracht. Davon seien aber nur knapp die Hälfte vergütet worden. Die Anzahl der Extrastunden steige gleichzeitig weiter drastisch an.

Ohnehin erfasst lediglich knapp die Hälfte der deutschen Angestellten die eigene Arbeitszeit mit einem entsprechenden System (49 Prozent). Und selbst davon würden weniger als ein Drittel auch die geleisteten Überstunden erfassen, will Kenjo herausgefunden haben. Folgerichtig würde diese zusätzliche Arbeitszeit auch weder monetär noch in Zeitgutschriften ausgeglichen, weil sie schlicht unter den Tisch fallen.

Gleichzeitig gehe man von einem weiteren Anstieg der geleisteten Überstunden 2022 aus: Kenjo rechnet mit einem Anstieg von durchschnittlich 42 Prozent pro Kopf im Vergleich zu 2021. Bei den Unternehmen, die die Überstunden überhaupt aufzeichnen, seien 2021 noch durchschnittlich 48 Stunden angefallen. Bereits im September 2022 hätte der Durchschnitt aber schon 42 Stunden Mehrarbeit geleistet. Eine Umkehr des Trends zu Mehrarbeit erwartet Kenjo demnach auch 2023 nicht. Vielmehr sei mit "einer hohen Dunkelziffer nicht dokumentierter Überstunden zu rechnen".

Der fehlende Ausgleich ist aber nicht rechtmäßig, Angestellte hätten entweder das Recht auf eine Bezahlung oder einen Ausgleich durch Arbeitszeitabbau an anderen Tagen. Auch die Judikative stärkte zuletzt den Arbeitnehmenden den Rücken: Auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hin beschloss das deutsche Bundesarbeitsgericht Ende September 2022, dass hierzulande Zeiterfassung zur Pflicht wird. Derzeit steht jedoch noch nicht fest, wie diese in der Praxis umgesetzt wird. Vertrauensarbeit soll aber weiterhin möglich sein.

Für die Umfrage-Daten befragte der HR-Software-Anbieter Kenjo insgesamt 17 827 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Pressemitteilung samt der Ergebnisse liegt vor, ist jedoch noch nicht veröffentlicht worden. iX reicht den Link nach, sobald Kenjo die Ergebnisse im Internet bereitstellt.

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(jvo)